Oberhausen. Die Politik sollte endlich mit einer Lebenslüge ausräumen: Dass es Deutschland schafft, alle Arbeitslosen von der Wohnzimmer-Couch in die Betriebe zu bringen. Das wird auch in Zukunft bei noch so toller Konjunktur nicht gelingen. Doch bisher wagen es nur wenige, diese Wahrheit auszusprechen – und Lösungen zu fordern.

Nach mehreren guten Wirtschaftsjahren in Deutschland ist es an der Zeit, mit einer Lebenslüge der Politik auf allen Ebenen aufzuräumen: Dass wir irgendwann einmal, wenn sich die Konjunktur kräftig erholt, alle Arbeitslosen von den Straßen in die Betriebe bekommen.

Wir müssen uns eingestehen, dass ein guter Teil der Langzeitarbeitslosen den Anschluss an die schnelle Entwicklung auf den hiesigen Arbeitsmärkten verloren hat – sie sind ausqualifiziert; mit noch so vielen Fortbildungskursen und Lehrgängen ist da wenig zu machen.

Das liegt daran, dass die Anforderungen der Betriebe an ihre Arbeitnehmer durch die zunehmende Technisierung und den starken Kostendruck im Wettbewerb ungemein gestiegen sind. Einfache Tätigkeiten sind in fast allen Branchen mit den Jahren weggefallen.

Diesen hohen Qualifikations- und Arbeitsdruck bewältigen viele Beschäftigte tagtäglich, aber eine Menge Menschen eben nicht (mehr). Gerade in Oberhausen ist eine solch strukturell bedingte Arbeitslosigkeit in hohem Maße vorhanden: Die meisten der rund 12 000 Langzeitarbeitslosen in der Stadt sind zwar motiviert, einen Job anzunehmen, denn kaum jemand ist angesichts des hohen Verlustes an Ansehen, Geld und Selbstwertgefühl gerne arbeitslos. Doch ein Teil von diesen Langzeitarbeitslosen wird von der Wirtschaft dauerhaft nicht mehr aufgenommen.

Der Oberhausener Sozialfachmann Jochen Kamps hat kürzlich die Finger in die Wunde gelegt. Er hat Recht, wenn er sagt, dass die Politik diesen Menschen eine Lösung anbieten muss, durch menschenwürdige Jobs, die dauerhaft subventioniert werden. Lieber Arbeit finanzieren als Arbeitslosigkeit.

Um Missbrauch zu vermeiden, sollten die Arbeitsfelder jedoch genau umrissen sein. Es gibt keinen Zweifel daran, dass der Bedarf an einfachen Arbeiten bei Privatleuten groß ist – wenn sie bezahlbar sind.

Ein Beispiel: Vor allem ältere Menschen würden sich doch gerne den Lebensmittel-Einkauf nach Hause bringen lassen. Sie sind auch sicherlich bereit dafür, eine Kleinigkeit dafür zu zahlen, aber nicht die kompletten wahren Kosten des Services. Können denn da nicht der Staat und der Supermarkt den Rest der Lohnkosten für diesen Bringservice übernehmen?