Oberhausen. Die Oberhausener sehen ihre Stadt zusehends kritisch. Das bietet Anlass für Diskussionen.

Deutlich weniger Menschen als noch vor zwei Jahren leben gerne in Oberhausen. Bürger klagen über ungepflegte Straßen und Grünanlagen, den schlechten Zustand der Schulen, die Parkgebühren am Kaisergarten, das ausgedünnte Busnetz, oder sie trauern geschlossenen Bädern nach. Eine Mehrheit findet, dass die Entwicklung Oberhausens stagniert oder sich gar ins Negative wendet. Und sie stellt der Stadtverwaltung als Dienstleister vergleichsweise schlechte Noten aus. Das sind erste Ergebnisse aus dem NRZ-Bürgerbarometer.

Die Bürger sehen ihre Heimatstadt zunehmend kritischer. Oberhausen verliert massiv an Bindungskraft. Immer noch leben 72 Prozent der Befragten gerne oder sogar sehr gerne in Oberhausen – gegenüber 2011 ist das aber ein dramatischer Rückgang von 18 Prozentpunkten.

Unmut über Spardiktat wieder lauter

Unmut über die Auswirkungen des anhaltenden Spardiktats wird lauter. Dass Oberhausens herausragendstes Merkmal nicht etwa der Gasometer, sondern die höchste Pro-Kopf-Verschuldung in Deutschland sei – dieser traurige Eindruck hat sich mittlerweile offenbar in den Köpfen auch der eigenen Bürger festgesetzt. Nicht einmal mehr von einer „Arm, aber sexy“-Trotzhaltung – wie sie vielleicht 2011 noch verbreitet war – ist etwas zu spüren.

Mit Blick auf die gemeinsame Kommunal- und Europawahl im kommenden Mai müssen die etablierten Parteien gewarnt sein, denn das Protestwähler-Potenzial wächst: Das aus dem Widerstand gegen den Abriss des Hauses der Jugend hervorgegangene „Bündnis Oberhausener Bürger“ (BOB) etwa könnte das Zeug haben, in den Rat einzuziehen, aber auch die eurokritische AfD oder sogar offen Rechtsextreme.

Alarmsignale müssen beachtet werden

Das NRZ-Bürgerbarometer ist da ein von politischen Interessen ungetrübter Spiegel, den die Betroffenen den Verantwortlichen in Politik und Verwaltung vorhalten. Die erodierende Identifikation mit dieser Stadt muss als Alarmsignal gesehen werden, mit dem es sich seriös auseinanderzusetzen gilt.

Das Bürgerbarometer bietet dafür viele Ansatzpunkte – und beweist zunächst mal eines: Es ist überaus lohnend, die Bürger nach ihrer Meinung zu fragen. Der Wunsch sich mitzuteilen ist groß. Und die Einschätzungen sind durchaus differenziert. Es geht den Menschen nicht darum, einfach alles schlecht zu reden. So begrüßen zwei Drittel der Befragten, dass die Stadt Geld in die Hand nimmt, um Problemimmobilien wie Gartendom und HDO einer neuen Lösung zuzuführen. Sie wollen, dass sich etwas bewegt. Und sie wollen mitentscheiden.

Eine möglichst qualifizierte Bürgerbeteiligung darf deshalb nicht nur ein Versprechen der Politik im Wahlkampf bleiben. Wer wirklich teilhaben kann und sich dabei ernst genommen fühlt, wird seiner Heimatstadt am Ende auch wieder bessere Noten ausstellen.