Oberhausen. Der Montag Nachmittag fing für Oberhausens Oberbürgermeister ganz locker an: Er durfte mit warmherzigen Anekdoten verdiente Bürger mit Ehrenring und Ehrennadel auszeichnen. Doch dann prallten in der anschließenden Ratssitzung Welten aufeinander – in fünf Monaten ist schließlich Kommunalwahl.
Gerade noch hat Oberbürgermeister Klaus Wehling (SPD) mit persönlichen Anekdoten verdienstreiche Bürger ausgezeichnet (Foto), da muss er als Versammlungsleiter eine Ratssitzung führen, in der fünf Monate vor der Kommunalwahl spürbar intensiver, energischer und verbissener argumentiert wird.
Während SPD-Fraktionschef Wolfgang Große Brömer am Montag ein Loblied auf die seit Jahren erstmals erfolgte Senkung der Müllgebühren um 6,5 Prozent anstimmt („Das ist einmalig“), hält dies CDU-Fraktionschef Daniel Schranz für Almosen. „Wenn die Verbrennungskosten statt auf 159 Euro je Tonne Müll auf 100 bis 120 Euro reduziert worden wären, wie die Preisaufsicht das als fair einschätzt, dann wären die Gebühren um bis zu 23 Prozent billiger.“
„Unseriöse Rechenspiele“
Große Brömer warf Schranz „unseriöse Rechenspielchen“ vor, da es kein offizielles Ergebnis der Düsseldorfer Preisprüfung gebe. Und auch Rechtsdezernent Frank Motschull betonte, dass Urteile vor höheren Gerichten noch ausstünden.
Grünen-Fraktionschefin Regina Wittmann lobte: „Die Preise der Müllverbrennungsanlage liegen im Mittelfeld. Die Gebührensenkung ist ein positives Signal für die Zukunft.“ FDP-Fraktionschef Hans- Otto Runkler findet zwar die kalkulatorisch angesetzten Zinsen bei den Gebühren von 6,5 Prozent in Tiefzinszeiten viel zu hoch, insgesamt sei der Gebührennachlass aber ausreichend gut.
Hakelig diskutierte der Rat auch über die von der Stadtspitze gewünschten neuen Personalstellen.
Der Wahlkampf zieht auf
Schnelle heftige Wortwechsel, unnachgiebigere Beiträge, viele Beteiligte – von vorweihnachtlicher Stimmung war bis auf die freundliche Anrede durch Kämmerer Tsalastras („Lieber Herr Schranz“) im Rat nichts zu spüren. Im Gegenteil: Die ersten Windböen des aufziehenden Kommunalwahlkampfes wehen durchs Rathaus.
Dabei versuchen alle Ratsfraktionen erkennbar an Profil zu gewinnen. Bemerkenswert ist dabei, dass SPD- und Grünen-Ratspolitiker öffentlich zeigen, dass sie die Personalwünsche der Verwaltung kritisch beäugen und im Notfall die Bremse ziehen. Das ist gerade für sozialdemokratische Ratspolitiker nicht einfach, weil Personalrat und Stadtbedienstete die SPD als natürliche Verbündete sehen.
Die Fraktionen von FDP und Grünen haben sich am gestrigen Montag so oft in die Debatte eingemischt wie in den letzten sechs Ratssitzungen zusammen nicht mehr. Regina Wittmann, gerade von den Grünen auf Listenplatz 1 als Spitzenkandidatin gesetzt, verteidigte mutig auch unpopuläre Maßnahmen, wie nötige Extra-Stellen im öffentlichen Dienst.
Sogar die Linkspartei, als stetige „Nein-Sager“ mehr belächelt als ernst genommen, versucht es zur Abwechslung mal konstruktiv – und will auf Friedhöfen keine durch Kinderarbeit hergestellten Grabsteine erlauben.
Und die CDU? Die hat an Selbstbewusstsein zugelegt und sieht sich in ihrer stetigen Kritik an hohen Müllgebühren und Personalkosten bestätigt. Mal sehen, wie weit der Rückenwind trägt. Peter Szymaniak
SPD- und Grünen-Fraktion zeigten der Verwaltung bei einigen Personalpunkten die gelbe Karte. Kämmerer Tsalastras, mit 110 Kräften ausgestattet, zog seine Vorlage mit dem Wunsch einer neuen Planstelle zurück – und will das Problem der fehlenden Ausbildereignerprüfung anders intern lösen.
Auch zwei neue Planstellen für die Infotheke der VHS im Bert-Brecht-Haus genehmigte Rot-Grün nicht auf Dauer: Die Kräfte werden nun außerplanmäßig eingesetzt – bis Sommer 2014 soll geprüft werden, ob man die Theken von VHS und Bücherei nicht kostensparend zusammenlegen kann.
Schranz bemerkte süffisant einen „Stimmungswandel“ bei der SPD. Man habe ja bisher vergeblich alleine den stetigen Personalaufbau im Rathaus kritisiert – und warf der Stadtspitze einen Hang zur Verschwendung vor. Dies bestritt Tsalastras sehr heftig: Man werde gerade beim Personal intensiv von der Kommunalaufsicht kontrolliert, ob man den Abbau der anvisierten 190 Stellen schaffe. Man liege hier im Sparplan.