Oberhausen. . Mit einer perfekten Kombi aus Kraft, Schnelligkeit und Zielvermögen leeren WBO-Teams Mülltonnen. Ein untrainierter Journalist kommt da ganz schön ins Schwitzen – und hält die Truppe eigentlich nur auf.
Ich könnte noch stundenlang so mitfahren. Hinten auf dem schmalen Trittbrett stehend mir den Fahrtwind ins Gesicht wehen lassen und dabei ganz lässig aussehen. Doch das Feeling von Freiheit und Abenteuer ist nur kurz. Christian Badur hat abgebremst, die nächste Reihe von Restmülltonnen wartet darauf, geleert zu werden. Der Geruch, der den über den Rand hinaus vollgestopften Tonnen entströmt, ist nicht gerade von Chanel. Egal, runter vom Wagen, Nase zu und durch.
Für Christian Badur, Frank Staszewski und Uwe Nisters von den städtischen Wirtschaftsbetrieben Oberhausen ist das Alltag. Seit vielen Jahren leeren sie und ihre Kollegen die Müllbehälter im Oberhausener Stadtgebiet. In der Regel fahren dabei die Teams immer dieselben Routen ab.
Sicherheit geht vor Schnelligkeit
Das ist gut so, denn wer sich vor Ort auskennt, ist schneller und effektiver. Christian zum Beispiel weiß ganz genau, wo es Engstellen gibt oder in welche Sackgasse er seinen schweren Wagen besser rückwärts hineinmanövriert, weil Wenden unmöglich ist.
80 000 Tonnen Abfall pro Jahr
Die WBO beschäftigt 121 Mitarbeiter im Bereich der Müllabfuhr. Der Wagenpark umfasst 31 Fahrzeuge. Die Fahrer verdienen zwischen 1936 und 2600 Euro, die Lader zwischen 1838 und 2372 Euro brutto. Insgesamt – also Restmüll, Verpackungsmüll, Papier, Grünschnitt und Sperrmüll zusammen gerechnet – werden in jedem Jahr rund 80 000 Tonnen Abfall entsorgt. Das sind rund 380 Kilo pro Einwohner.
Bevor es aber für mich mit den Dreien losgeht, muss ich mich erst mal in der WBO-Zentrale an der Buschhausener Straße melden. Nach dem Umziehen, mit dicken Sicherheitsschuhen an den Füßen und komplett neu eingekleidet – Hose, T-Shirt, Pulli, Jacke in der typischen WBO-Farbe –, gibt mir Vorarbeiter Klaus Buschkamp von der hauseigenen Kfz-Werkstatt eine ausführliche Einweisung.
Die wichtigsten Grundregeln, sind erstens: Sicherheit geht immer vor Schnelligkeit. Zweitens: Abstand halten von der schweren Tonne, wenn die nach oben gehoben wird, denn ansonsten könnte es einen kräftigen Schlag vor den Bauch oder unters Kinn geben. Drittens: Immer auf die anderen Autofahrer achten, die versuchen nämlich oft und gerne, sich am Müllwagen vorbeizumogeln.
Christian, Frank und Uwe haben derweil schon mal vorne im Fahrzeug Platz genommen. Nach und nach verlassen die anderen Müllfahrzeuge den Hof. Endlich, es ist kurz nach sieben, können auch wir los. „Heute ist die Sterkrader Innenstadt dran“, sagt Christian, „das ist mit die beste Tour, die Tonnen stehen da ziemlich nah beieinander.“
Bis Sterkrade haben wir Zeit, uns ein wenig zu unterhalten. Christian erzählt, dass er Schlosser gelernt und im Bergbau gearbeitet hat. Dann wechselte er zur WBO. Frank ist Gas- und Wasserinstallateur, ist aber auch schon etliche Jahre dabei.
Doch dann ist Schluss mit Quatschen. Uwe, Frank und ich steigen aus, schnappen uns die ersten Tonnen. Eigentlich gar nicht schwer, denke ich, rolle meine Tonnen an den Lifter des Heckladers – und warte. „Du musst die Tonne genauer platzieren, sonst startet die Automatik nicht“, erklärt mir Frank, der in der Zeit schon seine vierte leert.
Wie sieht denn Ihre Arbeit aus?
Harte Arbeit – die müssen Tag für Tag viele zehntausend Arbeitnehmer in Oberhausen erledigen. Schildern Sie uns doch einmal, wie Ihre Arbeit aussieht. Schreiben Sie an: redaktion.oberhausen@waz.de. Alle Folgen der Serie sind im Internet zu lesen auf unserer Seite www.waz.de/oberhausen
Während ich Probleme mit nur einer habe, ist es für ihn ein Leichtes, zwei 240-Liter-Behälter gleichzeitig zum Wagen zu rollen und passgenau an den Lifter zu platzieren. Der perfekten Kombination von Kraft, Schnelligkeit und Zielvermögen gebe ich den Namen „Doppler“. „Ob ich den heute auch mal schaffe“, geht es mir durch den Kopf. Endlich hat die Automatik auch bei mir ein Erbarmen. Im letzten Augenblick mache ich einen Schritt zurück. Die zweite Sicherheitsregel, Abstand halten, ist mir gerade noch eingefallen.
Bei den Jungs sind schnelle Schritte angesagt, schließlich warten auf dieser Tour rund 1300 Abfallbehälter mit einem Gesamtgewicht von 20 Tonnen auf uns.
Gegen 8.15 Uhr haben wir die ersten 3000 Kilo geladen. Der Jacke habe ich mich längst entledigt, Schweißtropfen rinnen mir von der Stirn, von lässigem Aussehen kann längst nicht mehr die Rede sein. „Ich muss mal eine Weile mitfahren, um mir kurz Notizen zu machen“, erkläre ich meinen Kollegen. Sie lächeln verständnisvoll. Fünf Minuten später bin ich wieder draußen.
Die Arbeit geht zügig voran, eine Straße nach der anderen wird angefahren. Meine Taktfrequenz wird besser. Gegen 10 Uhr ist der Wagen voll, Christian lenkt ihn zur Müllverbrennungsanlage. „Wir machen eine kurze Frühstückspause, dann geht die zweite Tour los“, sagt Uwe.
Für mich aber ist Feierabend bei der WBO, ich muss in die Redaktion. Beim Abschied meint Frank, dass ich gar nicht so schlecht gewesen sei. Sogar den Doppler habe ich geschafft – ein einziges Mal.