Es gibt Pflegekräfte, die die Situation in vielen Oberhausener Seniorenheimen für katastrophal halten. „In der Ausbildung lernten wir als erstes, die Würde des Menschen ist unantastbar. Aber kaum im Berufsalltag angekommen, müssen wir erleben, dass der pflegebedürftige Mensch keine Würde mehr hat“, sagt etwa eine examinierte Altenpflegerin, die anonym bleiben will.
„Fürs Aufstehen wird eine Minute gerechnet, aber welcher alte Mensch schafft es tatsächlich, innerhalb einer Minute aus dem Bett zu kommen?“, fragt die Pflegekraft und ergänzt: „Für das Essenreichen stehen zehn Minuten zur Verfügung. Doch wer Schluckbeschwerden hat, benötigt 30 Minuten, soll ich diese Leute vor der Schüssel sitzen lassen?“
Viel zu wenig Personal, viel zu wenig Zeit für die notwendige Pflege. „Stattdessen viel zu viel Aufwand für Dokumentationen und dazu gesetzliche Rahmenbedingungen, die keinen Raum für Gespräche zwischen Pflegekräften und Bewohnern zulassen“, bemängelt auch eine Sozialpädagogin. Das Fachpersonal sieht die Politik gefordert: „Wir müssen wieder weg vom Minutentakt.“ Um eine menschenwürdige Betreuung im Alter zu ermöglichen, müsse das System umstrukturiert werden. „Sonst sind wir bald auf dem Niveau einer Massenvieh-Haltung.“
Handlungsbedarf sieht zwar auch die Verbraucherzentrale NRW. „Wer viel Zeit für Bürokratie aufwenden muss, hat weniger für Pflege übrig“, weiß Heike Nordmann. Dennoch sieht sie die Lage nicht ganz so schwarz. „Es gibt gute städtische, kirchliche und private Seniorenheime.“ Nur seien diese nicht so leicht zu finden. Wer bei der Suche Hilfe benötigt, könne sich an die kommunalen Pflegeberatungsstellen wenden. „Die Mitarbeiter dort wissen, worauf es ankommt.“ Und die VZ-Mitarbeiterin hält noch einen Tipp parat: „Wer sich für eine Einrichtung interessiert, sollte sich vor allem die Stationen genau ansehen und sich erst mal für eine Kurzzeitpflege aufnehmen lassen.“