Exakt 60 Zentimeter muss der Draht lang sein, um daraus anschließend mit Händen und Werkzeug die gewünschte Figur zu biegen. Nadja (14) packt das souverän an – manche ihrer männlichen Kollegen geraten an der Zange schon eher ins Schwitzen. Bald ist das Ding – eine Art Blume – gebogen: alle Spitzen dran, Länge stimmt, volle fünf Punkte gibt’s dafür.
Dabei geht es beim Berufsparcours am Heinrich-Heine-Gymnasium gar nicht mal um den Wettbewerb. Die 120 Schüler des Jahrgangs 9 sollen eine Woche lang einfach ausprobieren, wo ihre Fähigkeiten liegen: Etwas im Spiegelbild zu zeichnen, trainiert das räumliche Denken, ein Kochrezept zu berechnen, schult logisches Denken.
Zehn Aufgaben sollen erfüllt werden, die zum Teil berufstypisch sind. Doch auch manches, das auf dem Parcours nicht direkt mit einem bestimmten Beruf in Verbindung steht, kann später einmal bei der Berufswahl helfen.
Davon ist auch Thomas Löhr vom Unternehmerverband überzeugt, der diese Mischung aus Schnuppern und Training gemeinsam mit den Lehrern entwickelte und organisierte. Nicht nur am Heinrich-Heine, sondern inzwischen an fünf weiteren Oberhausener Schulen. „Die Frage ist: Was liegt mir? Viele Schüler finden beim Parcours heraus, welche Begabungen sie haben“, erzählt Löhr.
Begleitet wird der Parcours von praktischen Maßnahmen: Wie schreibe ich eine Bewerbung, wie bewerbe ich mich telefonisch um ein Praktikum? Möglichst authentisch muss es sein, die Schüler müssen echte Personalchefs in Betrieben anrufen. „Einige haben dabei realen Stress“, wie Löhr an der Haltung erkennen kann. „In der 9 sind viele noch in der Spätpubertät, sie schreiben locker flockig wie eine SMS. Es ist ihnen noch nicht bewusst, dass sie für eine andere Welt schreiben“, zeigt Heine-Schulleiter Rolf Winkler Verständnis dafür. Denn immer früher werden Schüler auf die ‘fremde’ Arbeitswelt vorbereitet. „Das ist gut, man muss aber schauen, wie wir dies in den Schulalltag integrieren können.“