Oberhausen. . Als Richter am Amtsgericht hat man es nicht immer nur mit normalen Fällen zu tun. Peter Dück berichtet von einem seiner ungewöhnlichsten Fälle, in denen ein Betrüger einen Onlineshop für Vibratoren einrichtete, in der Hoffnung, dass die Frauen bei Nichterhalt der Ware aus Scham nicht zur Polizei gehen würden.

Als Richter am Amtsgericht Oberhausen hat Peter Dück schon eine Menge unglaublicher Geschichten erlebt. Der WAZ schildert er einige dieser ungewöhnlichen Gerichtsfälle. Heute geht es um einen besonders hartnäckigen Betrüger, der glaubte, das ultimative Geschäftsfeld entdeckt zu haben.

Der Mann erschien vor Gericht absolut seriös, wie Peter Dück sich erinnert. Ganz brav im Anzug gekleidet lief er auf. Keiner hätte sich bei ihm etwas Böses gedacht. Niemand hätte geglaubt, einen Betrüger vor sich zu haben. Dabei war der Mann längst gerichtsbekannt. Zwei Vorstrafen wegen Internetbetrügereien schleppte der Angeklagte bereits mit sich herum. „Da ging es um Waren, die er angeboten, aber nicht geliefert hatte“, sagt Dück. Und das durchaus in recht großem Stil.

Bei seiner neuen Geschäftsidee, die ihn wieder vor Gericht brachte, war sich der Mann jedoch ganz sicher gewesen, niemals aufzufliegen. So nach dem Motto „wo kein Kläger, da kein Richter“.

Richtig gute Homepage

Der Mann bastelte sich eine Homepage. „Die war richtig gut gemacht“, muss Dück zugeben. Dazu passend gab es eine Limited-Gesellschaft auf Zypern. Und die vertrieb angeblich hochpreisige Vibratoren. Diese wurden auf der Homepage dargestellt. „Dort wurde auch richtig fantastisch beschrieben, was die alles bewirken“, erzählt der Vorsitzende. Seine Informationen über die erotischen Spielzeuge hatte der Angeklagte wohl der Serie „Sex and the City“ entlehnt.

Seine vermeintlichen Super-Dildos bot der Betrüger für stolze 400 bis 481 Euro an. Das waren absolute Wucherpreise. „Die Bilder von den Vibratoren hatte sich der Angeklagte von Amazon geklaut“, erzählt Dück. Dort wurden die Modelle für 40 bis 120 Euro gehandelt. Aber der völlig überhöhte Preis war ja im Grunde völlig zu vernachlässigen.

Denn letztlich gab es überhaupt gar keine Vibratoren. Weder teure noch günstige. Der Betrüger setzte einfach darauf, dass Frauen sich diese Teile bestellten und bezahlten. Sich aber niemals trauen würden, zur Polizei zu gehen. Denn das wäre ja doch irgendwie peinlich gewesen, dort zu erklären, was da nicht geliefert worden war. Und „Sex sells“: Tatsächlich bestellten sich anscheinend Frauen die völlig überteuerten Dildos.

„Er war richtig sauer“

„Der Mann machte aber den Fehler, sein Geschäft auch auf Ostdeutschland auszuweiten“, erzählt Dück. Zwei Frauen aus diesem Teil des Landes, die sich die teuren Vibratoren bestellt, sie bezahlt, aber niemals erhalten hatten, standen dazu. Sie gingen zur Polizei und erstatteten Anzeige. Da war dann die Luft raus aus dieser so wunderbaren Super-Geschäftsidee.

Zwei betrogene Frauen, zwei Anzeigen, das reichte aus, um den Mann zum dritten Mal wegen Betrügereien vor Gericht und zu Fall zu bringen. „Man hat richtig gemerkt, wie sauer er war, dass die Geschichte so aufgeflogen ist“, erinnert sich der Richter. Hatte er doch in den Gerichtsverfahren zuvor stets beteuert, nie wieder rückfällig zu werden und zu betrügen.

Weil er dann doch wieder versucht hatte, Menschen um ihr Geld zu bringen, verurteilte ihn das Schöffengericht zu einem Jahr Freiheitsstrafe ohne Bewährung. Weil dadurch zuvor verhängte Bewährungsstrafen widerrufen wurden, musste der Angeklagte drei Jahre absitzen.

Mittlerweile müsste der Mann wieder auf freiem Fuß sein. Hoffentlich hat er sich in den vergangenen drei Jahren nicht neue geniale Geschäftsideen ausgedacht.