Oberhausen..
Immer mehr Bäckerei-Ketten, die mit Niedrigpreisen werben, halten Einzug in Oberhausen – gerade erst eine Back-König-Filiale an der Wörthstraße. Über die Folgen sprach Mitarbeiterin Astrid Knümann mit Stefan Agethen von der Bäcker-Innung Oberhausen.
Wie sieht die Innung diese Ansiedlungen?
Stefan Agethen: Die Innung hat keine direkten Bezüge zu Billigbäckern. Bei einer Handwerksinnung sind Gemeingeist, soziales Engagement, Berufsehre und hohe Wertigkeit der Ausbildung Ziele, die von Billigbäckern aktuell nicht gepflegt werden.
Sind sie eine Gefahr für alteingesessene Bäckereien?
Agethen: Ganz klar. Ein Preiskampf ist immer eine Gefahr für die Qualität in einem Markt. Wenn man seine Produkte preiswerter anbieten muss, weil die Kundschaft es verlangt, ist man gezwungen, andere Kosten zu streichen. Die treffen das Personal in erster Instanz, den Einkauf von Rohstoffen und weitere Ausgaben wie Sponsoring für Vereine.
Mussten in Oberhausen alteingesessene Bäcker wegen der Billig-Konkurrenz aufgeben?
Agethen: Wenn wir über Billigbäcker reden, reden wir meist über Innenstädte und versorgernahe Einkaufszentren, dort sind Handwerksbäcker meist mit mehreren Standbeinen vertreten und können eine Konkurrenzsituation entschärfen. Doch gerade für die City ist klar zu erkennen, wer sein Geschäft mit Gewinn betreiben kann und wer nicht. Billigbäcker erschließen immer neue Märkte und die Kundschaft unserer aussterbenden City nimmt „Billigpreise“ sehr gerne an. Heute haben wir neun Handwerksbäcker, vor zehn Jahren waren es um die 20.
Gibt es Gespräche der Innung mit den Konzernen?
Agethen: Keine mir bekannten. Mitglieder in der Innung gibt es zwar, aber dann ist es der Franchisenehmer vor Ort, meist weil er so preiswert über die Innung ausbilden kann und diese für geordnete Ausbildung geradesteht.
Gibt es Unterschiede in der Qualität der Backwaren?
Agethen: Einen Billig-Bäcker mit einem guten Handwerksbäcker zu vergleichen ist, als vergleiche man eine Mensa mit einem Restaurant. Ein Problem sehe ich darin, dass wir Bäcker dieses Premium-Gefühl vermitteln müssen. Unsere Backwaren sind einzigartig auf der Welt, unsere Ausbildungswege viel besser als ihr Ruf. Es gibt Grenzen beim Umgang mit Backwaren. Tagelangen Transporten und unfachmännischem Handhaben wird begegnet, indem man die Produkte gefrostet weiterverarbeitet. Frosterprodukte gibt’s in Supermärkten. Des Bäckers schwierig zu vermittelnde Stärke ist: Wir backen mit Natur und Handwerk, keinen Einheitsbrei, nicht täglich gleich.
Wie sehen Sie die Zukunft der Handwerks-Bäcker?
Agethen: Ich glaube an die Kraft des Marktes, sich selbst zu regulieren. Wünscht die Kundschaft billige Nahrung, wird es Anbieter geben. Die teuren werden ausscheiden. Doch wer Qualität will und kennt, wird sie auch erhalten. Sorgen machen mir die „Toast und Cola“-Generationen. Wir sind Spitzenarbeitgeber mit 287 800 Beschäftigen und einem Umsatz von rund 13 Mrd. Euro bundesweit. Nimmt man dem Bäcker von nebenan die Grundlage, sein Personal zu bezahlen, nimmt man dem Arbeitnehmer die Basis, Qualität einzukaufen. Das ist auf andere Branchen zu kopieren. Diese Spirale ist seit Jahren in Bewegung und eine Erleichterung meiner Meinung nach im Ruhrgebiet noch nicht in Sicht, aber ich lasse mich gerne überraschen.