Aus der Hannoveraner Pianistenschmiede von Prof. Goetzke, der in Oberhausen schon mehrfach hervorragende Talente präsentiert hat, kommt die vielfach preisgekrönte Marie Rosa Günter. Dass ihr Cello-Partner Stanislas Emanuel Kim 2002 schon als Neunjähriger nach zwei Jahren Unterricht sein Abschlussdiplom und erste öffentliche Auftritte absolviert hat, klingt zunächst etwas geschönt – bis man ihn spielen hört.
Er eröffnete das Programm der 153. Matinee des Künstlerfördervereins mit Bachs G-Dur Suite, einer Reihe von stilisierten Tänzen, in denen sich der rhythmische Impuls mit artifizieller Geistigkeit zu einem Gewebe von latenter Mehrstimmigkeit verbindet. Zwischen diesen Elementen die Synthese zu schaffen, ist die große Aufgabe für den Solisten, die Stanislas Kim überzeugend löste.
Beethovens „Waldstein-Sonate“ wird häufig als „Klavierkonzert ohne Orchester“ apostrophiert. Entsprechend ging Marie Günter sie mit hochvirtuosem Brio an, das aber Prägnanz und Hintergründigkeit manchmal etwas überspielte. Dass sie auch ganz anders konnte, zeigte sie im zweiten Teil in der Sonate g-moll für Cello und Klavier, für die Rachmaninow die Bezeichnung „Cello-Sonate“ ablehnte, weil es ihm um die absolute Gleichrangigkeit der Partner ging.
Was Marie Günter und Stanislas Kim hier an klanglich delikat austarierter Ausdruckskraft boten, hatte ganz großes Format. Dabei konnte man sich an ein Statement von Christian Thielemann in Bezug auf Wagner erinnert fühlen, der sinngemäß meinte: Diese Musik ist so emotional, dass man gar nichts mehr hinzu tun sollte, die größte Wirkung wird erreicht, wenn man mit wachen Sinnen das herausholt, was drin ist.
Die Ovationen des hingerissenen Publikums animierten die beiden Künstler zu vier Zugaben. Besonders eindrucksvoll Piazzollas „Gran Tango“, wo aus Tango-Stereotypen allmählich eine zerklüftete Seelenlandschaft erwächst, die in einer frenetisch insistierenden Steigerung selbstzerstörerische Kräfte zu entfalten scheint, nicht unähnlich Ravels „La Valse“. Dass der Künstlerförderverein seit nunmehr 30 Jahren solch hochkarätige Kammerkonzerte bietet, dankt ihm das Publikum durch sein Erscheinen. Das Ebertbad war voll besetzt.