Oberhausen.

Zur Begegnung mit jungen Bewohnern dreier touristisch unbedeutender Metropolen in Ländern außerhalb der EU laden die Fotografien von Christoph Kniel und Ilja Mess ein, frisch erschienen im Bildband „LovePeaceHope“. Für Oberhausener lohnt sich der Blick in die vorwiegend mit der Kamera geschriebenen Reiseberichte besonders, denn eine der Städte, die die beiden Freunde und ehemaligen Studienkollegen besuchten, ist unsere türkische Partnerstadt Mersin.

Den Blick ins Positive wenden

Begonnen hat die Langzeit-Studie der beiden Fotografen, die zwischen 20- und 30-jährige Menschen in den Fokus rückt, bereits 2005. Ihre erste Reportage-Reise führte Kniel und Mess ins russische Saratow. „Außenminister Joschka Fischer wurde damals vorgeworfen, dass es zu einfach sei, ein Visum für Deutschland zu bekommen. Das Bild, das über Russland verbreitet wurde, war sehr negativ: Armut, Korruption, Prostitution, Katastrophe. Wir wollten den Blick auf das Land ins Positive wenden. Wie leben junge Leute? Was sind ihre Träume und Hoffnungen? Wie schätzen sie ihre Chancen ein? Das waren Fragen, die wir uns stellten. Wir wollten den Leuten die Möglichkeit geben, gehört und wahrgenommen zu werden“, sagt Kniel.

Klingt schwierig, hat aber mit Hilfe eines Dolmetschers, und weil es dem Fotografen-Team gelang, das Vertrauen derer zu gewinnen, denen sie ihr Vorhaben erklärten, sehr gut funktioniert. „Die Jüngeren finden ihre Stadt nicht unbedingt toll, aber sie sind kreativ, sehr belesen. Wir haben erlebt, dass sie plötzlich begannen, Theater zu spielen“, erinnert sich Kniel. „Wir haben 20 bis 30 Leute besucht und sind noch ein zweites Mal hingefahren.“

Beflügelt von vielen Eindrücken und Begegnungen und für das gelungene Reportage-Foto-Projekt mit dem Diplom belohnt, beschlossen Kniel und Mess, weitere Städte, Safi in Mexiko und Mersin in der Türkei, zu erkunden.

„Wir machten das als freie Arbeit, ohne Auftrag und Sponsoren“, sagt Kniel. Mersin, vor 30 Jahren noch eine beschauliche Hafenstadt, ist mittlerweile auf 700 000 Einwohner angewachsen. „Total jung, es gibt eine Uni, eine spannende Stadt, sehr meinungsfreudig. Ich glaube sowieso, es gibt nirgendwo so viele unterschiedliche Ansichten wie in der Türkei.“

Da wundert es nicht, wie verschieden die jungen Mersiner zu sein scheinen, deren Porträts es in den Bildband schafften. Auch wenn sich die Stadt nach und nach in ein „Hochhausmeer“ verwandele, will der Künstler Aydin (28) auf jeden Fall bleiben. Die Stadt am Mittelmeer sei seine Heimat, wenn auch nicht mehr das Paradies, das sie einmal gewesen sei.

Karriere und Familie zu vereinbaren, ist Aslihans Ziel. „Zwei oder drei Kinder“ möchte die frisch verheiratete 26-Jährige haben, träumt aber auch davon, einmal ein eigenes Modeunternehmen zu leiten.

Die Zusatzinfos zu den Personen am Ende des Bildbands ergänzen die Porträts. Die strahlen eine anziehende Mischung aus Vertrautheit und Fremdsein aus. Der Betrachter hat gleichzeitig das Gefühl, eine Person zu kennen und ihr noch nie begegnet zu sein.