Oberhausen.. „Wettbüro“-Projekt des Theaters: Geheimagenten zocken weiter gegen Bürger. Vorschläge zeigen Sehnsüchte: Direktzug nach Bochum und keine Schulden mehr.
Ein Mann steht da, einfach nur so, und schaut auf ein Denkmal. Er sagt nichts, bewegt sich nicht und ist doch ein einziges Ausrufezeichen. Mit seinem stillen Protest hat der Künstler Erdem Gündüz auf dem Taksim-Platz in Istanbul eine neue Dimension der Demonstration gefunden und Menschen weltweit begeistert - auch die „Geheimagenten“ vom „Wettbüro“, einer Kunstaktion des Theaters am Hauptbahnhof.
„Wetten, dass Oberhausen es nicht schafft, zwanzig Menschen zu finden, die mit uns auf dem Bahnhofsvorplatz, wie der ,Duran Adam’ (stehender Mann) von Istanbul, fünf Minuten lang einfach nur da stehen?“ 50 Euro setzten die Agenten für diese Wette aus - und verloren.
Denn Ozzy (31), Sebastian (25) und Andreas (27) nahmen die Herausforderung an und schafften es sogar, innerhalb der gesetzten Zeitspanne von 19.30 bis 20.30 Uhr nicht nur zwanzig, sondern 35 Männer, Frauen, Kinder und Jugendliche davon zu überzeugen, erstarrt Richtung Bushaltestellen zu blicken. Pech für das Wettbüro, denn somit steht es dort jetzt sieben zu drei für Oberhausen.
Kissenschlacht und Zugverbindung
„Diese Wette haben wir gerne verloren“, sagt einer der Geheimagenten, deren Namen verständlicherweise geheim bleiben müssen. Der türkische „Duran Adam“ sei „eine starke Geste“ und die Themen „Recht auf Stadt“ und „Anti-Gentrifizierung“, welche die Menschen am Bosporus auf die Straße getrieben haben, seien auch für die Geheimagenten sehr interessant.
Einer von ihnen: „In Istanbul zeigt sich, wie ein autoritäres und durchkapitalisiertes Regime versucht, Zugänge im öffentlichen Raum zu beschränken.“ Die Proteste hatten sich ursprünglich um die Abholzung und Umgestaltung eines Parkes entzündet.
Nicht jede Wette, die vorgeschlagen oder reingereicht wird, hat einen so ernsthaften oder politischen Hintergrund. So sollen die Geheimagenten zum Beispiel eine Kissenschlacht auf dem Saporishja-Platz beenden oder einen Zug dazu bringen, direkt von Oberhausen nach Bochum zu fahren. „Wir überlegen noch, ob wir diese Wetten annehmen sollen“, sagt einer der Geheimagenten.
Wettbüro ist mit der Resonanz zufrieden
Insgesamt ist das Künstlerkollektiv, welches die Wettbüro-Idee eigens für Oberhausen entwickelt hat, sehr zufrieden mit der bisherigen Resonanz. Es gebe „eine gewisse Resignation, was Fragen der Zukunft betrifft“ in dieser Stadt, sagt ein Agent. „Wir wollen daran erinnern, dass die Zukunft offen ist.“
Dass sie sich Gedanken machen – und Humor haben – zeigen Oberhausener mit einem Wettvorschlag, der nichts Geringeres will als die komplette Entschuldung ihrer Stadt. Träumen wird man ja wohl noch dürfen.
Info: Auf diese neuen Wetten, die die Geheimagentur angenommen hat, dürfen Oberhausener jetzt setzen:
Wette Nr. 12: „Wetten, dass die Geheimagentur es nicht schafft, in einem Theaterstück das Oberhausen-Lied der Missfits unterzubringen?“. Wettannahmeschluss: 21. Juni, 19 Uhr. Wettschluss: 27. Juni.
Wette Nr. 13: „Wetten, dass die Geheimagentur es nicht schafft, zehn Mädchen (10-16 Jahre) mit Equipment für das Mädchen-Fußball-Treffen am 26. Juni zu organisieren?“ Wettannahmeschluss: 25. Juni, 22 Uhr. Wettschluss: 26.Juni.
Info: www.geheimagentur.net.