Bilder vom NSU-Trio, vom ausgebrannten Haus in Solingen gehen über die Videoleinwand. Gerichtsverhandlungen in der Türkei, Proteste, Demos, Polizeigewalt. Bevor ein Konzert von Grup Yorum beginnt, gibt es erst einmal politische Statements. Die Band selbst ist eines. Das Motto des Arena-Konzerts der linken Band aus Istanbul: „Eine Stimme gegen Rassismus.“ In den Protest gegen Neonazis in Deutschland mischen sich die aktuellen Geschehnisse in der Türkei. Nebenbei gibt es Musik: politische Texte mit schönen Melodien. Und der Stimmung unter den rund 8000 Konzertbesuchern in der Arena tut es auch keinen Abbruch, dass es statt einer Vorband politische Reden und Videos gibt.
Um 19 Uhr kommt die Band auf die Bühne. Doch schon nach einem Lied wird es wieder politisch. „Erdoğan hat alles verboten, was ihm nicht passt“, sagt einer der Musiker. Die Proteste gegen seinen Regierungsstil vereinigten die Menschen in der Türkei: „Türken und Kurden, Sunniten und Aleviten, Linke und Rechte. Sie alle kämpfen Seite an Seite.“ Das Publikum klatscht und ruft. Der Protest steht gleichberechtigt neben den Protestliedern. Diese haben wunderschöne Klänge, schmeicheln mal zart und leicht mit Geigen, Klarinette und Akustikgitarre und sind dann wieder mitreißend mit Percussions, E-Gitarre und Schlagzeug. Die Saz, die türkische Langhalslaute, wird mal weich, mal hart angeschlagen. Traditionelle türkische Volksmusik trifft auf ein klassisches Orchester: klingt toll.
In der Türkei gelten sie als Kultband
Grup Yorum könnte also auch nur auf der musikalischen Ebene funktionieren, doch das ist der Gruppe viel zu wenig und würde auch ihrer Vergangenheit nicht gerecht werden. Gegründet wurden sie im studentischen Umfeld nach dem Militärputsch von 1980 in Istanbul. Seitdem wehren sie sich gegen Ungerechtigkeiten in ihrem Land. Immer wieder sind Mitglieder der Band auch selbst in den Fokus geraten, wurden festgenommen und nach eigener Aussage auch gefoltert. In der Türkei gelten sie als Kultband, füllen jede Halle.
In Oberhausen will Grup Yorum sich mit denen solidarisieren, die in Deutschland ausgegrenzt werden. „Lasst uns Beobachter des NSU-Prozesses sein“, steht auf einem Transparent. Dann ein emotionaler Moment: Semiya Simsek, Tochter des NSU-Opfers Enver Simsek, erzählt ihre Geschichte. Wie sie im Kindesalter ihren Vater verlor, die gesamte Familie unter den Verdächtigungen der Behörden litt. Trotz allem, sagt Semiya Simsek, sei Deutschland ihre Heimat. Und sie wünscht sich, dass die Menschen hier gemeinsam gegen Rassismus zusammenstehen. Eine Steilvorlage für Grup Yorum: Ihr Kampf gegen Ungerechtigkeit kennt keine Landesgrenzen kennt.