Dr. Ralf Oberheiden zieht den weißen Kittel aus und beendet mit 65 Jahren seine Tätigkeit als Chefarzt am EKO.

Er ist sympathisch, freundlich, sportlich, attraktiv, kompetent, beliebt bei Mitarbeitern und Patienten, das Gegenteil von einem unnahbaren Gott in Weiß. So einen lässt niemand gerne ziehen. Doch nach 38 Jahren am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO) geht Dr. Ralf Oberheiden, seit 1983 Chefarzt der Klinik für Kardiologie, die er selbst aufgebaut hat, in den Ruhestand. Die 65 Lebensjahre sieht man ihm nicht an.

„Ich gehe mit anderthalb weinenden und einem halben lachenden Auge”, sagt der Mann, der die Kardiologie am EKO „sein Kind” nennt und zugibt, dass ihm die Kollegen und Patienten sicher fehlen werden. Froh ist er höchstens darüber, dass „der Bürokram, die Organisation und alles, was die Medizin weniger attraktiv macht, entfällt”.

„Die Arbeit war sicherlich für mich Erfüllung und ich wünsche mir natürlich, dass es hier weiter aufwärts geht.” An der Auswahl der Nachfolgerin – Dr. Dr. Christiana Mira Schannwell – beteiligt, hat er auf die Zukunft der Klinik Einfluss nehmen können.

Hat er Pläne für die eigene Zukunft? „Ich mache drei Monate gar nichts!” Sport treibe er ohnehin „ohne Ende”, Tennis, Joggen mit dem Hund, Radfahren, Schwimmen „an fünf Tagen in der Woche”. Nur montags und dienstags hatte er dafür bisher keine Zeit. Ostdeutschland möchte er kennenzulernen.

Wie wär's mal mit etwas Neuem, z. B. Klavierspielen? „Das habe ich als Kind gelernt, es ist frustrierend, wie wenig man noch kann.” Möglicherweise werde er sich mit Sprachen beschäftigen, mit Englisch aus gutem Grund. Die Schwiegertochter ist Texanerin. „Ich lese zwar englische medizinische Texte, doch die Umgangskonversation fällt mir schwer.” Der eine Sohn ist übrigens Kardiologe in New York, der andere Jurist.

Im Grunde ist Dr. Oberheiden ein echtes Oberhausener Kind, obwohl er in Willingen geboren wurde. „Das lag an den Kriegswirren, mein Vater hatte dafür gesorgt, dass meine Mutter hier 'raus kam.”

Dass er nach dem Abitur, das er 1964 am Staatlichen Gymnasium (heute „Heine”) ablegte, Medizin studierte, hat nichts mit Familientradition zu tun. „Ich war nicht vorbelastet. In der Oberstufe beschäftigte ich mich gern mit Biologie. Auch hätte ich nie gedacht, dass ich am Krankenhaus bleiben würde und in die Kardiologie bin ich so hineingeschliddert.” Das war zu einer Zeit, als Herzinfarktpatieten noch vier Wochen das Bett hüten mussten und Schrittmacher so groß waren, dass sich ein Laie kaum vorstellen kann, dass es möglich war, sie unter dem Brustmuskel zu platzieren. Zur Bedeutung seines Fachgebiets erklärt Dr. Oberheiden: „Dass die Lebenserwartung heute höher ist, liegt daran, dass die Herz-Kreislaufpatienten erheblich besser behandelt werden können.”

Sieht die Ehefrau dem Ruhestand ihres Mannes freudig entgegen? „Mit anderthalb Augen nein, mit einem halben Auge ja”, sagt Oberheiden. „Ich dringe in ihren Lebenskreis ein. Das wird für sie schwieriger als für mich. Ich komme unbeleckt hinein, sie wandelt auf ausgetretenen Pfaden.”