WAZ-Leserbeiratsmitglied Norbert Dengel besuchte zum vierten Mal Saporisha. Von lieben Menschen und schwierigen Lebensumständen.
Norbert Dengel und seine Frau machen auch Urlaub in Ländern, die südlich oder westlich von Oberhausen gelegen sind, aber der Osten, der hat es ihnen angetan. „Gerade weil immer alle Richtung Westen denken, haben wir uns für den Osten interessiert“, sagt das Mitglied des WAZ-Leserbeirats. Ganz besonders zieht es das Paar nach Saporisha, seit 1986 Partnerstadt von Oberhausen. Gerade sind sie von ihrer nunmehr vierten Reise in die Ukraine zurückgekehrt.
Sieben Tage Fortbildung
Als Norbert Dengel mit Frau und Koffern vor einigen Tagen wieder in den eigenen vier Wänden angekommen war, da habe ihn ein Gefühl überkommen, das er schon von vorherigen Reisen kannte: Dankbarkeit. „Ich bin froh, wieder zurück zu sein“, sagt der 63-Jährige. „Es ist aber auch traurig, so viele liebe Menschen zurückzulassen.“ Heimgekehrt stelle er jedes Mal fest: „Uns geht’s sehr gut.“
Von einer Urlaubsreise kann eigentlich kaum die Rede sein: Was Norbert und Maria Dengel in Saporisha binnen sieben Tagen absolviert haben, ist ein wahres Fortbildungsprogramm. Eine Schule haben sie besucht, ein Krankenhaus, ein Hospiz, das Rathaus, eine große Stahlfirma und ein mittelständisches Unternehmen. Sie haben Freunde besucht, waren im Ballett, haben gefragt und zugehört. „Wir wollten sehen, was sich verändert hat“, sagt Dengel. Das letzte Mal waren sie 2006 in der Stadt.
Eine Reise wie diese, mit so vielen Einblicken, ist dem Paar nur möglich aufgrund seiner zahlreichen Kontakte. „Ein ganzes Netzwerk haben wir inzwischen aufgebaut“, sagt Norbert Dengel schmunzelnd. Während seiner Zeit als Geschäftsführer des Vereins „Freundeskreis Saporisha“ und auf den früheren Reisen haben die Dengels viele Freunde gewonnen. Natascha zum Beispiel, die für ihren Sohn Nikita Maria Dengel zur Patentante erwählt hat. Eine Dolmetscherin, ein Oberarzt, „Menschen aus verschiedenen Schichten“, wie Dengel berichtet. Die alle unter denselben Problemen litten: „Für jede Dienstleistung muss man zahlen.“ Gemeint ist Schmiergeld, ohne das es laut Dengel weder bei der Polizei, noch in der Schule oder im Krankenhaus läuft.
Auch gibt es städtebaulich große Mängel, so wie die dringend benötigte Brücke über den Dnepr, die seit neun Jahren nicht fertig wird. Ihrer Liebe zur Stadt tut das keinen Abbruch: Die nächste Reise ist schon in Planung.