Der Schock sitzt bei allen Beteiligten tief: Am Dienstagabend verunglückte ein neunjähriges Mädchen auf der Vestischen Straße schwer. Es rannte in Höhe der Kettelerstraße unvermittelt auf die Fahrbahn und wurde von einem anfahrenden Stoag-Bus erfasst. Dabei erlitt das Mädchen schwere Kopfverletzungen. „Der Zustand ist einigermaßen stabil aber es besteht weiterhin Lebensgefahr“, heißt es von Polizeisprecher Axel Deitermann. „Man muss die nächsten Tage abwarten.“ Der tragische Unfall rückt das Thema Sicherheit von Kindern im Straßenverkehr in den Fokus. Dazu befragte die NRZ Experten der Polizei und örtlichen Verkehrswacht.

„Der Blickwinkel eines Kindes ist ein anderer als der eines Erwachsenen“, erklärt Dirk Marten, Verkehrssicherheitsberater der Oberhausener Polizei. „Das heißt, dass Kinder nicht das sehen, was wir Älteren sehen.“ Wenn also Fahrzeuge am Straßenrand Stoßstange an Stoßstange stehen, kann es für die kleinen Verkehrsteilnehmer sehr schwer werden, sich einen Überblick zu verschaffen. „Teilweise müssen sie dann bis auf die Straße laufen, um überhaupt etwas zu sehen. Zudem können Kinder keine Geschwindigkeiten einschätzen.“ Wie lange also ein Auto braucht, bis es an jemandem vorbeigefahren ist, sei deshalb für Kinder nicht zu ersehen.

„Viele Kinder sind zudem sehr ungeduldig. Wenn sie sehen, dass auf der anderen Straße ein Freund wartet und winkt, rennen sie einfach über die Fahrbahn“, so Marten.

Darum kommt es auf die richtige Vorbereitung an. „Wir proben etwa mit den Kindergartenkindern, die kurz vor der Einschulung stehen, schon einmal den Schulweg ein.“

Eltern sind in der Pflicht

Ein weiterer Punkt ist der Fußgänger-Führerschein im ersten und zweiten Schuljahr. „Dann proben wir, wie man sicher über die Straße geht, was es mit einem Zebrastreifen auf sich hat und wie man sich an einer Ampel verhält.“ Um die Kleinen zu motivieren und sie für ihren Einsatz zu belohnen, gibt es nach absolvierter Prüfung eine Urkunde. „Es ist besonders wichtig zu zeigen, dass etwas richtig gemacht wurde“, glaubt Marten.

Der Verkehrssicherheitsberater nimmt hier auch die Eltern in die Pflicht. „Nur sie können einschätzen, wie weit ihr Kind ist und ob es schon alleine auf der Straße unterwegs sein kann.“

Diesen Punkt kann Dieter Elsenrath-Junghans von der örtlichen Verkehrswacht nur unterschreiben. „Es gibt leider die Angewohnheit, dass oft Erziehungsaufgaben auf Kindergärten und Schulen abgewälzt werden.“ Wenn dann etwas schief laufe, gebe es schnell Schuldzuweisungen. Darum legt die Verkehrswacht auch einen Fokus ihrer Arbeit auf die Aufklärung der Eltern. „Wir sind auf ihr Mitwirken angewiesen, um die Kinder zu erreichen. Sie können durch richtiges Verhalten im Straßenverkehr ein Beispiel für ihre Kinder sein.“

Auch an an die Autofahrer richtet Elsenrath-Junghans einen Appell für mehr Rücksicht im Straßenverkehr. „Man muss vielen Leuten ins Gedächtnis rufen, dass Kinder keine kleinen Erwachsenen sind. Es gibt entwicklungstypische Defizite. Die sorgen dafür, dass Kinder Situationen anders wahrnehmen.“