Leichter Dauerfrost, etwas Schneegeriesel, in der Nähe rauscht die A 2: Keine Spur von Karfreitag in dieser durchpflügten Industrie- und Verkehrslandschaft, in der sich die Natur längst wieder breit macht. Wären da nicht wieder Tausende von Gläubigen, die sich bei der Zeche Prosper Haniel versammeln, um gemeinsam mit ihrem Bischof Franz-Josef Overbeck aber auch Bergwerksdirektor Wolfram Zilligen den Kreuzweg zu gehen.

Zum 19. Mal ruft die Halde wie anderswo der Berg. Und die Menschen aus dem Revier, vor allem aber aus Bottrop und Oberhausen, folgen. Wieder einmal zeigt sich die alte Verbundenheit von Kirche und Bergbau, Arbeit und Glaube, die im Ruhrgebiet vielleicht ausgeprägter war, als in anderen Industrie-Regionen. Daran erinnert Wolfram Zilligen zu Beginn. Er sprach aber auch kritisch die mutwillige Zerstörung der künstlerisch gestalteten Kreuzwegstationen an, die jetzt mühsam mit Hilfe von Auszubildenden der letzten Zeche beider Städte wieder hergerichtet wurden.

Ein kleines Wunder der Musik

Die Klänge der Blechbläser aus Moers tönen fast verloren - aber fest und sicher. Ein Wunder, bei der schneidenden Kälte. Dann setzt sich der Zug in Bewegung. Größtenteils schweigend.

Weiße Chorkleidung, ein schlichtes Stahlkreuz, die bunten Fahnen der KAB-Abordnungen und Knappenvereine, deren Mitglieder in Uniform und brennenden Grubenlampen das Kreuz begleiten. Viele Familien, manche mit Kinderwagen, aber auch junge Leute, die alte Verwandte im Rollstuhl den fast anderthalb Kilometer langen holperigen Weg zum Gipfelkreuz schieben, sieht man hier.

Auch Alt-Bischof Hubert Luthe, der vor 19 Jahren den ersten Kreuzweg begleitete, kann die Prozession zu den 15 Stationen, die das Leiden Christi darstellen, nur im Rollstuhl zurücklegen.

Overbeck hatte Opel im Blick

Sein Nachfolger im Bischofsamt, Franz-Josef Overbeck, schlägt in seiner Predigt Brücken ins Heute. Einen „Kreuzweg der Solidarität“ - unter dieses Motto stellte der Bischof die Karfreitagsprozession. Vom „Gipfelkreuz“ aus lag Bochum nicht in Sichtweite. Dennoch hatte Overbeck die „Opelaner“ zuerst im Blick, als er von „einem falschen Vorgehen im wirtschaftlichen und politischen Leben“ sprach oder wenn „intransparente Unternehmenspolitik eine Region erschüttert und Firmen infrage stellt.“

Bangen um die Arbeitsplätze vor allem bei Opel, ab 2018 auch im Bergbau durch dessen politisch gewolltes Ende, Abwanderung aus der Region durch Perspektivlosigkeit oder die Überschuldung von Ländern und Kommunen zu Lasten der kommenden Generationen: „Wenn solche Kreuze aufgeladen werden, ist das ein Zeichen von Entsolidarisierung“, sagte der Bischof. Er warnte vor dem Chaos, das heraufbeschworen werde, wenn das ausschließliche Verfolgen von Eigeninteressen kleiner Machtgruppen das Handeln bestimme.

Beinahe symbolisch zeigt sich bei diesen klaren Worten die Sonne. Auf den Segen folgt wieder Schnee und der rasche Abstieg.