Karneval ist vorbei. Und doch gibt es Menschen in der Stadt, die sich an diesem Wochenende verkleiden und Party machen. Der Grund heißt Purim. Das jüdische Fest verspricht große Gaudi, denn es zeichnet sich vor allem durch eines aus, so Paul Moses Strasko, Rabbiner der Jüdischen Gemeinde Duisburg/Mülheim/Oberhausen: „Für einen Tag ist die Welt auf den Kopf gestellt.“

Im Jüdischen Kindergarten an der Kardinal-Galen-Straße in Duisburg war es schon am Freitag soweit: Jakob war nicht der Junge, der er sonst ist. Er war ein gefährlicher Löwe. Christina kam als Blumenmädchen, Maxim als Spiderman und Jana Mia als Elfe. Hand in Hand mit ihren Freunden sangen sie hebräische Lieder: „Chag Purim“ und „Lezan Katan“, echte Purim-Klassiker. Und hörten zu, als andere Kinder die Geschichte von Purim erzählten. Das Fest erinnert an Königin Esther, die 400 Jahre vor Christi Geburt die Juden vor der Vernichtung bewahrte.

Zauberer Dumbledore, hinter dessen Mähne sich Rabbiner Strasko verbarg, nannte die Spielregeln des Tages: „Froh sein. Geschenke bekommen. Die Purim-Geschichte hören. Eine Party feiern.“

Strasko versprach, dass es heute Abend beim Gottesdienst ab 19.15 Uhr in der Synagoge der Jüdischen Gemeinde im Duisburger Innenhafen ähnlich heiter zugeht. Whiskey und Wodka will der 41-jährige Duisburger mitbringen und zu den traditionell vorgesehenen hebräischen Texten Musik von Les Misérables auflegen. Es sei „eine Mitzwa, also eine Pflicht, an Purim fröhlich zu sein“. Und so läuft Sandra, die Frau des Rabbiners, heute im Dirndl auf.

Jüdische Traditionen wie das spaßige Fest Purim zu vermitteln, das zählt für Kindergarten-Leiterin Dariya Itunina zu den Hauptaufgaben der Einrichtung. „Wir zeigen hier unsere Religion, unser Judentum, unsere Bräuche.“ Es besteht Bedarf für diese Form des Nachhilfe-Unterrichts: „Viele Familien haben das Bedürfnis, ihr Jüdisch-Sein auszuleben, aber sie wissen nicht, wie das geht.“ Sie stammten oft aus der ehemaligen Sowjetunion, wo Religionsausübung schwierig bis unmöglich war. „Und so haben sie keine Ahnung, welche Feiertage es gibt, wie man sich in der Synagoge verhält, welche Gebete gesprochen, welche Lieder gesungen werden.“ Da sei die Angst groß, sich zu blamieren.

Zudem haben rund die Hälfte der 35 Kinder von Hause aus eine andere Religion. Sie sind Christen, Muslime. . . und kennen sich schon von daher nicht aus mit den Gepflogenheiten. Und auch nicht mit der hebräischen Sprache; manche sprechen griechisch, andere englisch, japanisch, arabisch, russisch oder türkisch. Einzig Deutsch verbindet sie, und die Brocken Hebräisch, die sie bis zum Schulbeginn lernen.

Die bunte Mischung macht für Leiterin Dariya Itunina den Flair des Kindergartens aus, nicht nur an Tagen wie Purim. „Wir sind ein jüdisches Haus, in dem alle Religionen willkommen sind“, sagt sie. „Und wir vermitteln, was alle Religionen verbindet: der Glaube an Gott.“

So, glaubt Itunina, werden aus Kindern tolerante Menschen. Darauf setzt auch Stefanie Müller aus Mülheim, deren Kinder Antonia, Til und Tom durch die Einrichtung toben: „Zuhause feiern wir katholische Feste, hier erleben sie jüdische – das macht sie einfach offener.“