Oberhausen. So licht und leicht und luftig: Das „Big-Air-Package“-Projekt des Künstlers Christo rückt den Gasometer in Oberhausen in ein völlig neues Licht. Gasometer-Chefin Jeanette Schmitz ist sicher, dass die Mindestmarke von 350 000 Besuchern geknackt wird.
Der Gasometer birgt selbst für seine Geschäftsführerin Überraschungen. Als Jeanette Schmitz am Morgen in die Tonne trat, nachdem Arbeiter das mehr als 20 000 Quadratmeter umfassende Gewebe für Christos „Big Air Package“ lose aufgehängt hatten, da hatte sich dieses über Nacht selbstständig mit Luft gefüllt – ganz ohne Gebläse. „Das Package hat geatmet“, hörte sie da. Und als sie jetzt in der größten jemals geschaffenen aufblasbaren Hülle steht, die ohne ein Skelett auskommt, ist sie voller Ehrfurcht: „Das ist völlig überirdisch.“
Sicher ist: Der Gasometer atmet, und zwar den Geist ganz großer Kunst. Das Package wird die Besucher packen – und das trotz seiner Größe ganz ohne Gigantomanie. So licht und leicht und luftig war die eigentlich düstere Tonne noch nie. Schmitz kann die Ausstellungseröffnung kaum erwarten, um zu sehen, wie die Menschen durch die für den Druckerhalt eigens installierte Luftschleuse mit der Drehtür gehen und den Christo’schen Ballon betreten. So lasse sich der Gasometer völlig anders erleben.
Wie der Dotter im Ei
Weiß ist das lichtdurchlässige Gewebe, das mit Hilfe von viereinhalb Kilometern Seil im Ausstellungskoloss zur Skulptur wird. Noch nie gab es ein Projekt, das den Gasspeicher so sehr ausfüllte: 90 Meter hoch, 50 Meter im Durchmesser, 177 000 Kubikmeter Volumen. Weiß haben Arbeiter auch die Treppen, ihre Geländer und die Plattform gestrichen.
Und das machte die bislang einzigen nennenswerten Probleme der Ausstellung im Aufbau: Angesichts der anhaltenden Minusgrade mochte die Farbe nicht so recht trocknen. Teils hatten die Monteure bei minus sechs Grad in den Seilen gehangen, um das Gewebe dem Dotter in einem Ei gleich im Gasometer zu befestigen.
Derzeit werkeln sie noch fleißig an der Christo-Werkschau, die auf der untersten Ebene zu sehen sein wird, mit großformatigen Fotografien, Filmen und Entwürfen. Und einer Projektionsfläche, auf der man dank einer am obersten Punkt der Hülle angebrachten Kamera die Menschen innerhalb der Skulptur sehen kann. Da kann etwa die Oma von oben dem Enkelkind eine Etage tiefer einmal Winkewinke machen.
Schmitz ist sicher, das alles bis zur Vernissage am 15. März fertig sein wird, die – gemessen an den Anfragen – auf die mehr und auch minder große Prominenz eine Sogwirkung ausübt, als sei man in Hollywood. Das aber ist Oberhausen. Die Gasometer-Chefin bleibt denn auch trotz „dieser Leichtigkeit“ der Ausstellung am Boden: „Mit Christo zu arbeiten ist eine große Ehre für uns. Wir sind stolz darauf.“
Dabei war es nicht leicht für die Gasometer GmbH, die Finanzierung des 1,4-Millionen-Euro-Projekts auf die Beine zu stellen – ohne öffentliche Mittel. Zunächst hielten sich die Sponsoren trotz des großen Namens zurück. Bis sich im Gase-Spezialisten Messer ein Unternehmen fand, das bereit war, eine Ausfallbürgschaft zu übernehmen.
Die Gasometer GmbH steht damit als Stadttochter im finanziellen Risiko. „Wir sind auf die Einnahmen angewiesen“, so Schmitz“. 350 000 Besucher müssten kommen, damit das Package nicht zur Luftnummer wird. „Ich bin überzeugt, dass es mehr werden.“ Die „Magischen Orte“ und die „Sternstunden“ kamen, gemessen an einem vergleichbaren Zeitraum, auf 500 000 Besucher.
Ab 16. März können Besucher die Christo-Skulptur auf einem schmalen Umlauf auch rundum betrachten und mit dem gläsernen Lift an ihr entlang hoch fahren bis unter das Dach. Und wer dann oben steht, wird sehen, dass sich die Hülle wie eine riesige Lunge leicht zusammenzieht und wieder dehnt. Tatsächlich: Das Package atmet.