Ruth Smiegel half ihrem Mann, von der Flasche wegzukommen – und ist seitdem engagierte Ehrenamtlerin im Kreuzbund.

Sie bringt Frauenpower in den Kreuzbund: Ruth Smiegel, seit November Stadtverbandsvorsitzende und seit fünf Jahren Leiterin des Frauengesprächskreises, der sich monatlich trifft. „Das mache ich zusammen mit meiner Vorstandskollegin Christel Thiele”, betont sie.

Ruth Smiegel ist zwar selbst nie abhängig gewesen, aber „co-abhängig schon seit meinem siebten Lebensjahr. Ich komme aus einer Familie, in der Alkohol immer eine große Rolle gespielt hat. Ich habe früh gelernt, etwas zu verheimlichen und schönzureden.”

Leider war auch der Alkoholmissbrauch ihres ersten Mannes schuld, dass sie sich von ihm trennte, „weil er nicht einsichtig war” und es hatte nicht mehr viel gefehlt und Alkoholsucht hätte auch ihre neue Partnerschaft zerstört, die sie nach einigen Jahren als alleinerziehende Mutter einging. „Nach einem Vierteljahr erkannte ich, dass sein Trinkverhalten nicht normal war. Er war zwar kein Spiegeltrinker – jemand, der schon morgens trinkt, um ein Level aufrecht zu erhalten – sondern ein Quartalstrinker: Drei Wochen nichts und dann hat er eine Woche lang durchgetrunken.”

Beachtlich: Dieser Mann wollte etwas gegen die Sucht tun. Auf Anregung der Suchtberatung der Caritas besuchten Ruth Smiegel und ihr damals noch Partner, heute Ehemann die Kreuzbundgruppe Osterfeld I. „Wir hatten sofort das Gefühl, als würden wir alle schon lange kennen”, erinnert sich die heute 51-Jährige an damals. „Man gab uns das Gefühl: Hier seid ihr richtig, ihr seid willkommen. Auch mein Mann fühlte sich sofort wohl. Er hat sich schnell engagiert und ist stellvertretender Gruppenleiter geworden.” Das Ergebnis: Er schaffte es, trocken zu bleiben, sogar „ohne Therapie und ohne Entzug”.

Die Belohnung: „Wir harmonieren wunderbar. Es ist schön, ein Leben ohne Alkohol! Ich würde jedem Mut machen, es uns nachzumachen. Betroffenen rufe ich zu: Kommt!”

Kommt, um euch mit anderen auszutauschen, zu fühlen, dass man mit dem Problem nicht alleine ist, um Gleichgesinnte zu treffen, die nicht mehr trinken wollen. Leute, die Lust haben, miteinander etwas zu unternehmen. „Wir machen Fahrten, feiern Silvester und Karneval, besuchen Seminare”, so Ruth Smiegel. Es sei einfach prima, dass beim Kreuzbund Angehörige ebenso willkommen seien wie die suchtkranke Person. „Das ist schön, weil man sich viel besser austauschen kann.”

„Um einmal über den Tellerrand hinauszuschauen” ist Ruth Smiegel dann vor sechs Jahren zu einer Stadtverbandssitzung gegangen und wurde gefragt, ob sie nicht Lust hätte, im Vorstand mitzuarbeiten. Das sagte ihr zu. „Dann bin ist erst einmal Beisitzerin geworden.”

Mittlerweile hat die gelernte Einzelhandelskauffrau viele Fortbildungen hinter sich. Für den Kreuzbund ist sie ehrenamtlich unterwegs, an Schulen oder in Krankenhäusern leistet sie Informationsarbeit. Das Schöne: Die ganze Familie profitiert. „Ich habe eine erwachsene Tochter und zwei Enkel, zehn und sechs Jahre alt. Mein Mann hat auch zwei Töchter mit in die Ehe gebracht, eine ist 28, die andere 20, sie lebt noch bei uns.”

Fast überflüssig zu erwähnen, dass Ruth Smiegel und ihr Mann zu den 25 ehrenamtlichen Helfern gehören, die erfolgreich an der Weiterbildung zum Thema „Gesprächsführung ohne Verlierer” teilgenommen haben.