Oberhausen. Der Oberhausener Markus Kretzer war im Rahmen eines Projektes des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen für 17 Tage im brasilianischen Belém, um dort Nachwuchsfriseure auszubilden. Diese Zeit beschreibt er als die prägendste seines Lebens.

Die „prägendste Zeit seines Lebens“: So beschreibt Markus Kretzer seinen Aufenthalt in Brasilien. „Das waren schon unglaubliche Eindrücke“, schildert der Friseurmeister aus Oberhausen, der im Rahmen eines Projektes des Kinderhilfswerks der Vereinten Nationen (Unicef) und des Haarpflegeunternehmens Wella mit Berufskollegen zusammen 17 Tage lang benachteiligte Nachwuchsfriseure trainierte. Nach seiner Rückkehr aus der nordbrasilianischen Stadt Belém, erzählt Markus Kretzer vom Klimaschock, unfassbar motivierten Schülern und der Gastfreundlichkeit in den Favelas.

„Als wir dort ankamen, herrschte eine Temperatur von 38 Grad, bei einer gleichzeitigen Luftfeuchtigkeit von 85 Prozent. Das war wirklich so, als würde man gegen eine Wand laufen. Man kam sich vor wie in einer Sauna“, erklärt Kretzer und wischt sich dabei noch einmal den imaginären Schweiß von der Stirn.

Doch sollte das nur ein Teil des Temperaturproblems sein. „Ich habe noch nie so viele Klimaanlagen gesehen. Dort ist wirklich jeder Raum auf 17 Grad runtergekühlt.“ Das blieb auch nicht ohne Folgen. „Zum Ende der ersten Woche hatte ich mir eine Erkältung eingefangen und bekam Fieber. Das bekamen wir aber in den Griff. Ich habe keinen Tag verpasst, auch wenn es bei diesen Temperaturen ziemlich anstrengend war.“

Unglaublich wissbegierige Schüler

Doch nahm Markus Kretzer diese Anstrengungen gerne in Kauf. „Es ist wirklich unfassbar, mit welchem Fleiß und welcher Wissbegier unsere Schüler lernen wollten.“ Die elf Jugendlichen, fünf Mädchen und sechs Jungen im Alter von 16 bis 18 Jahren, haben dabei alle eine schwierige Kindheit hinter sich, erlebten zu Hause Gewalt und Missbrauch. „Ich bin selbst Vater und habe Kinder in genau diesem Alter. Das stimmt einen doch schon sehr nachdenklich, wenn man diese Geschichten hört. Und es ist dann wirklich kaum zu glauben, mit welcher Freude diese Jugendlichen an die Sache herangegangen sind.“

Markus Kretzer zeigt sich noch heute beeindruckt. „Das alles wurde wie von einem Schwamm aufgesaugt.“ Und dieser Einsatz zahlt sich aus. „Einer der Jugendlichen wird sich jetzt selbstständig machen, vier andere haben eine Anstellung gefunden.“

Die Situation in den „Favela“ genannten Armenviertel hat Markus Kretzer ebenfalls berührt. „Wir wurden von zwei unserer Schüler nach Hause eingeladen. Richtige Häuser sind das aber nicht, sondern Holzhütten, die auf Stelzen stehen.“ Unten drunter fließt das Wasser eines Flusses. „Es roch stark nach Fäkalien und Verwesung. Überall lag der Müll. Aber das ist ja nicht die Schuld der Bewohner, die Hütten selbst sind alle super sauber.“ Wie die Menschen dort aber mit der Situation umgehen, hat dem Friseurmeister imponiert. „Mir sind noch nie so viele lächelnde Menschen begegnet wie dort. Diese Lebensfreude ist wirklich etwas Besonderes.“

Kretzer musste Englisch sprechen

Naturgemäß stellte die Sprache eine Barriere dar. „Da eine unserer Kolleginnen kein Deutsch konnte, haben wir im Team untereinander Englisch gesprochen.“ Der Austausch mit den brasilianischen Schülern lief dagegen ausschließlich auf Portugiesisch. „Also wurden die deutschen Gedanken Englisch ausgedrückt und dann ins Portugiesische übersetzt.“ Nach einigen Tagen hatte sich das aber eingespielt. „Es lief auch viel über nonverbale Kommunikation, nur mit Händen und Füßen. Außerdem ist Friseur ein Handwerk – und das lebt vom Vormachen, bei dem man dann nicht viel reden muss.“

Der Kontakt mit den brasilianischen Schülern und den anderen Friseuren, die in Belém dabei waren, ist noch eng.

„Wir sind immer noch in Kontakt, denn es haben sich echte Freundschaften entwickelt.“ Geschätzte 1000 Nachrichten wurden bereits über den Atlantik hinweg ausgetauscht. „Wenn heute der Anruf kommen würde, dass ich wieder zurück dürfte, wäre ich sofort bereit wieder zu fahren.“