Oberhausen. .

Gerade im Laden angekommen, fiel Benjamin Berkel ein, dass er seine Schlüssel zu Hause vergessen hatte. Der 29-Jährige rief per Auskunft den vermeintlich ortsansässigen Schlüsseldienst Seidl zu Hilfe. Das sollte ihn teuer zu stehen kommen.

Der Schlüsseldienst schickte gleich einen Mitarbeiter raus. Innerhalb von zwei Minuten war die Sache erledigt. „Knapp 250 Euro sollte ich dafür bezahlen – das ist doch Wucher!“ ärgert sich Berkel. Dabei hatte Berkel schon zu Beginn versucht, sich abzusichern. „Ich habe am Telefon nach dem Preis gefragt, aber die Frau am anderen Ende der Leitung meinte, das hänge vom Aufwand ab und würde vor Ort verhandelt, irgendwie leuchtete mir das sogar ein“, ärgert sich der 29-Jährige.

Nach zwei Minuten erledigt

Auch, dass es rund 30 Minuten dauern könnte, bis der Mitarbeiter da sei, machte ihn nicht stutzig. „Die Wege von Nord nach Süd sind in Oberhausen nun einmal lang.“ Noch bevor der Mitarbeiter des Schlüsseldienstes (von dem Berkel bis heute nicht weiß, aus welcher Stadt er nun eigentlich anreiste) sein Werkzeug zückte, sollte Berkel die Rechnung unterzeichnen. „Da stand was von einer Türöffnungspauschale in Höhe von 139,90 Euro und einer Einsatzpauschale von 59,90 Euro.“ Obgleich Berkel der Kurs „happig“ erschien, unterschrieb er.

„Nach zwei Minuten war die Sache erledigt.“ Am Auto präsentierte der Schlüsseldienstmitarbeiter seinem verdutzten Kunden dann die alte Rechnung mit neuem Preis: „Da standen plötzlich noch Kosten für diverse Kleinmittel drauf und 39,10 Euro Mehrwertsteuer, insgesamt 244,89 Euro.“

Einen Festpreis vereinbaren

Kosten, auf denen Berkel wohl sitzen bleiben dürfte. Da ist sich Angelika Wösthoff, Leiterin der Verbraucherberatungsstelle Oberhausen, sicher. „Ist erst einmal unterschrieben und bezahlt, hat der Kunde meist verloren.“ Die üblichen Preise für eine einfache Türöffnung lägen bei rund 80 Euro, dazu kämen Fahrtkosten, Nacht-, Sonn- und Feiertagszuschläge. Leider gebe es immer wieder Ärger mit schwarzen Schafen der Branche. „Und die sind knallhart, lassen es gegebenenfalls auch auf ein Gerichtsverfahren ankommen.“

Wösthoff rät: „Lieber Schlüssel bei Nachbarn oder Freunden deponieren.“ Außerdem: „Sich im Vorfeld die Rufnummer eines ortsansässigen, alteingesessenen Schlüsseldienstes ins Portemonnaie stecken und vorher die Anfahrtskosten sowie vor der Arbeit einen Festpreis vereinbaren.“

Kartellartige Strukturen

Firmeninhaber Seidl selbst hält den Kurs für durchaus gerechtfertigt. „Wir sind schließlich 24 Stunden im Einsatz.“ Sei der Kunde aber unzufrieden, „kann er uns anschreiben, die Adresse steht auf der Rechnung, wir prüfen das dann“.

Brancheneigene Call-Center und kartellartige Strukturen warf der NDR in „Die Reportage“ (28.9.) fünf deutschlandweit tätigen Schlüsseldiensten vor. Auch die Firma Seidl mit Sitz in Hamburg zählt dazu.

Tipp einer Kollegin von stern.de, selbst Seidl-Opfer: Wird ein zu hoher Preis verlangt, einfach nur einen Teil zahlen und ruhig die Polizei rufen – damit hat man gleich die besten Zeugen dafür, dass der Monteur zumindest diesen Teilbetrag erhalten hat.