Oberhausen.. Im Malersaal des Theaters wurde jetzt die Premiere von „Dumm gelaufen“ gezeigt.


Den Atem anhalten. Den Blick nicht abwenden. Kein Wort versäumen. Die Spannung in jeder Faser des eigenen Körpers spüren. Es gibt nichts mehr als diese drei Akteure da vor einem auf der Bühne, die ihre Emotionen gleich einer gewaltigen Welle über ihre Zuschauer hinwegspülen. Sie damit einhüllen. Besser den Atem anhalten! Immer wieder! Nicht zu viel Gefühle schlucken!

Wucht und Rasanz

Die Premiere von „Dumm gelaufen“, einem Stück des kanadischen Dramatikers George F. Walker, geriet im Malersaal des Theaters zu einem Spiel mit Wucht, Rasanz, Tempo, Brisanz. Es war ein Spiel auf dem Rasen, der einzigen Kulisse, die die enorme Präsenz der Schauspieler verstärkte wie ein herber, sinnlich-grüner Duft. Was für ein verbaler Schlagabtausch - immer wieder gewürzt mit deutlichen Spuren von Wortwitz.

Dabei hätte man doch denken können: Mein Gott, wie soll so ein Stoff fesseln? Drei Jugendliche, ein Mann, zwei Frauen, von denen eine ungewollt von dem Mann schwanger ist. Und diese Drei treffen sich in einem schäbigen Park zur Aussprache. Aber dann sitzt der Zuschauer dort und wartet auf die nächste Wendung des Spiels, das zu einem Krimi gerät. Da ist man schon für jede noch so kleine ruhige Phase dankbar. Einmal tief Luft holen.

Parteiische Schiedsrichterin

Es geht um die Zukunft der Drei. Um Bobby, der das eine will, das andere auch und eigentlich viel mehr. Randolph Herbst spielt die Zerrissenheit dieses jungen Mannes, seine Verzweiflung und fehlende Reife genial. Bobbys Freundin Tina dagegen, die weiß, was sie vom Leben verlangt. Nicht viel. Einen Job, das Kind, ein Familienleben. Aber sie will es nicht ohne Bobby - oder doch. Sie kämpft, sie vergießt Tränen. Sie wollte dieses Kind nicht, jetzt will sie es. Ellen Celine Günther ist diese Tina, die in ihrer Verzweiflung zutiefst anrührt, zuweilen aber auch abstößt.

Tinas Freundin Jill dagegen tritt als absolut parteiische Schiedsrichterin aufs Spielfeld. Sie hasst Bobby. Warum, das bleibt ein Geheimnis. Sie macht ihn fertig, dass einem der arme Kerl, er ist nun bloß mal ein Mann, beinahe Leid tut. Manja Kuhl kriegt diese Jill derart gut hin, dass man plötzlich all diese Frauen vor sich sieht, die man selber kennt, die ähnlich sind. Ganz abgeklärte Härte. Frauen, die das Leben in seiner kalten Realität sehen. Nur unter der rauesten aller Schalen, da ruht ein weicher Kern. So ist es ausgerechnet diese Jill, die Mittlerin wird zwischen Tina und Bobby. Dennoch ist zum Schluss nichts klar. Was bleibt: Eine Prise Happy-Open-End. Großes Theater, das lange nachwirken wird in einem drin.