Oberhausen.

Das ist ja beinahe biblisch. Am Anfang war bei Intendant Peter Carp nämlich ein Wort. „Der Sparkommissar war das erste mir neue Wort, das ich in Oberhausen kennenlernte“, sagt Carp.

Weil nun ein Wort selten allein kommt, folgte unweigerlich ein komplettes Stück, das zum Auftakt der Theater-Saison gezeigt wird. Das heißt, welche Überraschung, „Der Sparkommissar“.

Warum gerade das? Warum die 1835 entstandene Komödie „Der Revisor“ von Nikolaj Gogol in der Adaption des irischen Regisseurs Roddy Doyle auf die Bühne bringen?

Stück in Dublin entdeckt

Peter Carps Antwort lässt alle Sparpaketphobiker des Finanzkrisen gebeutelten Oberhausens verwundert die Augen aufreißen. „Ich fand es sehr schön, eine Spielzeit, die zum ersten Mal in meiner Zeit unter einem Motto steht - ‘Krise - welche Krise’ - mit einem Stück zu eröffnen, das ‘Der Sparkommissar“ heißt“, sagt Carp und schaut dabei sehr arglos.

Das Stück selbst, „eine verschlankte Version der alten Komödie“, entdeckte der Intendant während eines Besuchs in Dublin. Dort hieß es „The Goverment Inspector“ und gefiel nicht nur dem durch die Finanzkrise gebeutelten irischen Publikum, sondern auch Carp so gut, dass es jetzt in deutscher Erstaufführung in der verschuldetesten Stadt der Republik zu sehen sein wird. Aber, beteuert der Intendant erneut, eine Finanzkrise spiele in dieser Komödie, die ohne sie platt zu aktualisieren ins zeitlose Heute verlegt wurde, keine Rolle. Und er legt nach: „Es ist kein Schlüsselroman, wer da hin geht und überlegt, wer soll das oder das sein, der ist auf dem Holzweg.“

Ein Fremder wird verdächtigt

Der Plot des Stücks lässt sich rasch erzählen. In einer Provinzstadt – kann ja schon mal nicht Oberhausen sein – taucht ein Gerücht auf. Ein Sparkommissar soll in die Stadt kommen. Aber dann, schlimmer noch, heißt es, der Sparkommissar sei schon da. Ein Fremder wird verdächtigt. Der Fremde jedoch ist ein Hochstapler, der zunächst gar nicht kapiert, warum ihn alle so hofieren und versuchen, ihn für sich einzunehmen.

Da wird schon mal klar, was das alte Stück mit dem Jahr 2012 zu tun hat. Die menschliche Natur, sie bleibt sich immer treu, und deshalb ist Gogols Stück so aktuell wie eh und je. Und auch das passt: „Es gibt keine moralisch integre Figur“, sagt Dramaturgin Hannah Schwelger. Carp sieht es so: „Na ja, so hart ist der Stoff nicht, er ist realistisch.“ „Es geht darum, wie Verantwortliche mit einer vermeintlichen Bedrohung von Außen umgehen, mit etwas Fremdem, das zu Veränderungen führen könnte.“

Praller Abend für die elf Schauspieler

Der Zuschauer ist den Handelnden immer ein Stück voraus bei dieser Verwechslungskomödie um betrogene Betrüger. „Einer Verwechslungskomödie, die ohne Intrige auskommt“, wie Schwelger erklärt. Einem opulenten Stück, das auch ein praller Abend für die elf Schauspieler wird. Der irische Regisseur Roddy Doyle ist bei der Premiere auch dabei. Carp überlegt nur noch, wie er den scheuen Doyle zum Schluss-Applaus auf die Bühne bekommt: „Vielleicht helfen ein paar Whisky“, überlegt er pragmatisch.

Und was soll der Sparkommissar nun mit den Menschen machen? „Die Besucher sollen mit einer animierten Stimmung raus, ein Bier trinken gehen (Whisky ist auch erlaubt) und Lust haben, über das Theaterstück zu reden.“ Na, wenn das klappt, wie wunderbar. Denn das Leben ist alles, aber nicht nur Krise.