Oberhausen. .
Unter der Decke brodelt es bei Mitarbeitern des Jugendamtes und Vertretern von Wohlfahrtsverbänden. „Ich habe einen Riesen-Hals“, sagt der Oberhausener Caritasdirektor Werner Groß-Mühlenbruch ganz offen. Grund für den Ärger sind die Sparempfehlungen der Firma Consens für die Jugendhilfe in Höhe von rund 1,8 Millionen Euro, die die Unternehmensberatung kürzlich im Jugendhilfeausschuss vorstellte (wir berichteten). Auf die Palme bringt Betroffene auch die von der Verwaltung geplante Fusion von Jugend- und Schulamt sowie kinderpädagogischem Dienst.
Rechte mit Füßen getreten
Dabei empört Groß-Mühlenbruch – CDU-Mitglied und als Caritasmann Mitglied des Jugendhilfeausschusses – zum einen die Art und Weise, wie Sparvorschläge und Dezernatsumbau dem politischen Gremium präsentiert wurden. „Der Ausschuss hat das Recht, Anträge zu stellen und hat ein Recht auf Anhörung“, sagt Groß-Mühlenbruch. Die Rechte seien in diesem Fall mit Füßen getreten worden. „Man trifft weitreichende Organisationsentscheidungen und der Ausschuss bekommt diese Dinge nur zur Kenntnis, das geht nicht.“ (Was Groß-Mühlenbruch bereits in der Sitzung anmerkte.)
Auch wenn Dezernent Reinhard Frind (SPD) betone, dass es sich um vorläufige Vorschläge und kommissarische Leitungen handele und einen Beteiligungsprozess ankündigte: „Ich halte es für ein eigenartiges Verständnis von Demokratie, wenn ich erst entscheide, wo es langgeht und dann mit allen rede“, meint Werner Groß-Mühlenbruch. „Wenn ich so vorgehe, mache ich Fronten auf und beunruhige Betroffene.“
Das Wohl des Kindes
Auch fachlich-inhaltlich kritisiert der Caritas-Vorstand die Consens-Studie und findet sie wenig solide. Reinhard Messing: „Was steht dabei im Fokus: Das Wohl des Kindes oder ein Spardiktat?“ In der dem Ausschuss vorgestellten Analyse gehe es um reine Zahlen, „und nicht darum, was die vorgeschlagenen Maßnahmen inhaltlich bedeuten“, sagt Guido Ernek, Leiter des Bereichs Familie und Schule bei der Caritas.
Sie sei zudem widersprüchlich. Er nennt ein Beispiel: Einerseits schlage Consens vor, die teuere Unterbringung von Jugendlichen in Heimen zu verkürzen und sie verstärkt in milieunahen Pflegefamilien unterzubringen, mehr Pflegefamilien zu gewinnen (preiswertere Variante). Andererseits solle der Pflegekinderdienst, der diese Familien und Jugendlichen begleitet, 80 000 Euro und eine Stelle einsparen. „Dabei liegen wir schon jetzt über dem empfohlenen Fallschlüssel beim Pflegekinderdienst von eins zu 25“, sagt Ernek. „Wenn ein Mitarbeiter zu viele Fälle bearbeiten muss, dann leidet die Qualität.“
Dass sich ausgerechnet die Vertreter der Caritas zu dem Thema äußern, hat natürlich damit zu tun, dass dieser Träger – in Oberhausen verantwortlich für die Pflegefamilien – in der Consens-Studie explizit genannt wird und als Einsparposten geführt wird.
Keine verlässliche Hilfeplanung
„Es geht nicht darum, dass die Caritas keinen Beitrag zum Sparen leisten will, das werden und müssen wir“, sagt Reinhard Messing. Aber die drei Caritas-Männer mahnen eine kontinuierliche und verlässliche Jugendhilfeplanung an, „die es in dieser Stadt seit zwanzig Jahren nicht gibt“, sagt Werner Groß-Mühlenbruch.
Bei so einem hochsensiblen Bereich, bei dem es um die Rechte von Kindern und Jugendlichen gehe, „muss genau hingeschaut werden. Meine Meinung: Bei der Jugendhilfe insgesamt darf es überhaupt keine Einsparungen geben, sondern nur Optimierungen“, positioniert sich Guido Ernek ganz klar. Sein Fazit: „Sonst senken wir Standards und produzieren damit nur Folgekosten.“