Friseur, Frisör, Friseurin, Frisörin, Friseuse oder Frisöse, Coiffeur, Coiffeurin, Coiffeuse, Barbier.

Ja, was denn nun? Nicole Gerst, selbst Frisör-Meisterin (oder Frisöse-Meisterin?), lacht und macht ein für allemal klar: „Frisörin!”

In ihrem gemütlichen Ladenlokal an der Feldmann-/Ecke Sanderstraße wartet auf mich eine dampfende Tasse Cappuccino. Eine Stunde werde ich der 40-jährigen Meisterin über die Schulter schauen und mir erzählen lassen, was ihr so in einem Frisörsalon alles erzählt wird. Und dabei ist der oft abwertend gemeinte Spruch „Hast du eigentlich keinen Frisör, dem du das erzählen kannst” in diesem Falle durchaus positiv zu verstehen. „Das Geschäft hatte mein Vater 44 Jahre lang, ich habe es vor 12 Jahren übernommen. Und da ist doch klar, dass mich viele unserer Kunden noch als kleinen Hosenscheißer kennen, der mit seinem Dreirad durch den Laden kurvte.” Und so kommt es, dass etliche Kunden seit 44 Jahren kommen: „Früher mit ihren Kindern, heute mit ihren Rollatoren.” Viele kommen noch immer einmal in der Woche: „Freitags können wir uns hier oft die Rollschuhe unterschnallen, dann kommen sie zum Waschen und Legen und trinken auch gern mal ein Gläschen Sekt dazu.” Nicole Gerst ist stolz darauf, dass sie eine alte (Frisör-)Familientradition fortsetzt und zugleich neue, jüngere Kunden hinzugewonnen hat.

Dass es ruhig ist im Laden, als ich komme, ist die Ausnahme. Das schwül-heiße Wetter macht nicht gerade Lust auf die warme Haube. Gelegenheit, ein wenig zu plaudern und nachzufragen: „Was kann man hier denn in einer Stunde so erleben?”

„Ach, eigentlich ist das doch gar nicht so spannend,” sagt Nicole Gerst und überlegt. Aber dann fallen ihr doch einige Geschichten ein: „Wir hatten zwei Kundinnen, Frau Freitag und Frau Krause. Beide kamen freitags, und Frau Freitag bekam Krause, wie man damals noch sagte. Ich hab' dann falsch gewaschen, weil ich dachte, Frau Krause bekommt Krause.” Wie war das? Und was heißt hier falsch gewaschen? Die Fachfrau lacht: „Nun, bei chemischen Behandlungen der Haare wäscht man im Allgemeinen nur einmal, bei Schneiden und Legen dagegen zweimal.”

Inzwischen ist Routine eingekehrt, auch wenn Nicole Gerst und ihr Team regelmäßig Neues lernen – auf Messen, bei Fortbildungen.

Da kann sie selbst ein Wasserrohrbruch nicht aus dem Konzept bringen: „Vor einiger Zeit hatte doch fast ganz Oberhausen kein Wasser. Wir auch nicht. Und hier saß eine Kundin mit roter Farbe auf dem Kopf, die ausgewaschen werden musste.” Kurzerhand wurde der gesamte Stille-Wasser-Vorrat geplündert, im Wasserkocher erwärmt und mit Hilfe kleiner Spritzflaschen die ganze Pracht ausgewaschen: „Kurze Zeit später ging dann unser Boiler kaputt, und dann kam der Wasserrohrbruch auf der Danziger Straße. Super!”

Da ist es schon beinahe ein Klacks, wenn sie an den ungewöhnlichsten Orten um einen Schneide-Dienst gebeten wird: „Ich hab' mal einem Arzt auf einer Terrasse mit seinem Skalpell die Haare geschnitten oder dem Sänger einer Punk-Rock-Band mit einem Taschenmesser. Ging aber gut.”

Am liebsten aber greift sie immer noch zur Schere und rückt zu langem „Pelz” auf Köpfen zu Leibe – diese Schneiderei ist nun mal ihre Leidenschaft.

Das Frisörhandwerk gehört wohl zu den ältesten Handwerksberufen, früher zogen Barbiere durchs Land.

Mit 25 Jahren hat die Oberhausenerin ihren Meister gemacht, war eine der jüngsten Meisterinnen in OB. Und in den 12 Jahren, in denen Nicole Gerst nun schon selbstständig ist, hat sie bereits einige Höhen und Tiefen miterlebt: „Aber zum Glück haben wir die schlimmsten Folgen der Krisen nicht so hart zu spüren bekommen.” Das sei auch bislang der Fall – trotz der Weltwirtschaftskrise: „Wir suchen in Kürze sogar einen Frisör oder eine Frisörin für den Herrensalon.”

Ein zweites Standbein hat sie sich vorsichtshalber dennoch aufgebaut – durch den Handel mit Frisörprodukten im Internet. Und auch in ihrer Freizeit verliert sie das Geschäft nicht aus den Augen: Mit Farbe und Pinsel gestaltet sie fantasievolle Bilder, die dann die Wände zieren. Beim Stichwort Kunst wird sie nachdenklich: „In England gelten Frisöre als Künstler, werden hoch geachtet und sehr intensiv ausgebildet. Sie lernen Theater spielen und müssen Make-ups machen. Sie genießen hohes Ansehen. Und hier hat sich die blonde Frisöse namens Gabi im Manta festgesetzt.”