Oberhausen. Der 27-jährige Oberhausener, der den acht Jahre alten Sohn seiner Lebensgefährtin erstochen haben soll, ist psychisch krank und leidet unter Angstzuständen und Depressionen. Nach Informationen der Redaktion hatte sich der Mann gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat nicht in psychiatrische Behandlung begeben.

Das Unfassbare geschieht kurz nach Mitternacht an der Humboldtstraße in der Oberhausener Innenstadt. Eine Mutter flüchtet mit ihrem schwer verletzten, stark blutenden Sohn aus ihrer Wohnung ins Freie. Die Schreie der verzweifelten Frau wecken die Nachbarn. Passanten alarmieren die Polizei. Die Beamten eilen herbei, kümmern sich um das Kind. Ein Notarzt übernimmt. Doch alle Rettungs-Bemühungen sind vergeblich. Der Achtjährige stirbt im Krankenhaus.

Täter stach mit dem Küchenmesser zweimal zu

Da ist schon klar, der 27 Jahre alte Freund der Mutter (28) hatte zwei Mal mit einem Küchenmesser, die Klinge war 18 Zentimeter lang, auf den Jungen eingestochen. „Einer der Stiche war tödlich“, sagt Polizeisprecher Uwe Weighardt.

Die Mutter selbst war nach Informationen der Polizei wach geworden, weil ihr Freund unruhig mit einem Messer durch die Wohnung lief. Auch der Junge wachte auf. Der 27-Jährige soll dann ins Kinderzimmer geeilt sein und auf den Jungen eingestochen haben.

Warum hat der Mann das bloß getan hat? „Es ist kein Motiv ersichtlich“, sagt Staatsanwältin Karin Hülsen. Weighardt ergänzt: „Der Mann leidet an Angstzuständen und Depressionen.“ „Er hat Antidepressiva erhalten“, weiß Hülsen. Der 27-Jährige, der sich später mit dem Messer selbst verletzt, kommt ins Krankenhaus. Obwohl nicht lebensgefährlich verletzt, wird er ins künstliche Koma versetzt, weil er viel Blut verloren hat. Sobald er aufwacht, soll er vernommen und dem Haftrichter vorgeführt werden.

Zwangseinweisung nur bei direkter Gefahr möglich

Nach Informationen der Redaktion hatte sich der Mann gegen ausdrücklichen ärztlichen Rat nicht in psychiatrische Behandlung begeben. Hätte man ihn nicht zwangseinweisen können? Das ist nicht so einfach möglich, denn grundsätzlich gilt nach Angaben von Prof. Eugen Davids, Chefarzt der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie am St. Josef Hospital: „Das geht nur bei Eigen- oder Fremdgefährdung, wenn eine direkte Gefahr besteht.“

Am Morgen nach der Tat, erlangt das Eckhaus an der Humboldtstraße eine traurige Berühmtheit. Viele Medienvertreter belagern das Gebäude. Das Blut des Kindes ist noch überall vor dem Haus zu sehen. Es zieht sich als breite dunkle Spur einmal quer über die Straße hinein in dieses gepflegte sonnig-gelbe Gebäude. Der Flur, die wenigen grauen Stufen zur ersten Parterrewohnung, alles ist tödlich rot. Vor der Wohnungstür liegen zwei Spritzen. Traurige Zeugen des Rettungsversuchs.

Ein Hausbewohner erzählt, wie seine Frau und er die Schreie der Mutter hörten. Er habe daraufhin aus dem Fenster geschaut und jemanden auf dem Boden liegen sehen. Dass das der kleine Junge war, wusste der Nachbar zu diesem Zeitpunkt noch nicht.

Oberhausener stellen Grablichter am Hauseingang auf

Er hat gerade zu Ende erzählt, da rauscht es plötzlich laut draußen vor der Tür. Da geht das Leben auf beinahe makabre Weise seinen Gang. Eine Kehrmaschine wäscht das Blut des Kindes von der Straße. Wasser spült die letzten Spuren eines Lebens fort, das nie richtig zu Ende gelebt werden durfte.

Auf dem Gehweg gegenüber leuchtet stumm ein einsames rotes Grablicht. Später kommen weitere Lichter dazu. Teddys. Auch ein Puh-Bär. Diese Figur des Schriftstellers Alan Alexander Milne, die sich selbst als „Bär von sehr geringem Verstand“ sah, aber doch als heimlicher Weiser eine Lösung für alle Probleme hatte, hätte in diesem Fall wohl auch nur eine Frage stellen können: „Warum?“. Ein Schild mit diesem schicksals-schweren Wort hat irgendwer vor der Haustür aufgestellt.