Altenberg. Im Laufe der Zeit sind aus den Industriedenkmälern des Ruhrgebiets sehenswerte Museen, Parks, Bühnen und Ateliers geworden. Bei Touren und Besichtigungen bieten sich tiefe Einblicke in eine Region, die in der Industriekultur ihre kulturelle Identität bewahrt. Eine Reise zur Oberhausener Zinkfabrik Altenberg.

Fast 130 Jahre lang wurde in den alten Backsteinhallen Zink geröstet und geschmolzen, gegossen und zu Blechen gewalzt. Nicht vollautomatisiert wie heutzutage in hochmodernen Werken, sondern in harter Knochenmaloche bei sengender Hitze und beißendem Gestank.

Inzwischen ist die ehemalige Walzhalle der Zinkfabrik Altenberg ein „Museum der Schwerindustrie“, das die Geschichte der Eisen- und Stahlindustrie an Rhein und Ruhr aufrollt. Der Fabrikkomplex direkt am Oberhausener Hauptbahnhof gehört zu den ältesten Industriebauten der Stadt und zu den wenigen fast vollständig erhaltenen Fabrikanlagen aus der Gründerzeit des Reviers. Zudem sind hier auch beeindruckende Exponate aus anderen Standorten versammelt, die einen Besuch lohnen.

53 Tonnen schwere Dampfschmiedehammer

Zu sehen sind insgesamt 1.500 Ausstellungsstücke. Darunter zahlreiche historische Arbeitsgeräte, die im Betrieb vorgeführt werden. Vor allem aber jene Walzen und Dampfmaschinen, die zu ihrer Zeit zum Fortschrittlichsten gehörten, was es auf der Welt gab. Etliche Maschinen beeindrucken schon allein durch ihre schiere Größe.

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Darunter der fast zehn Meter hohe und 53 Tonnen schwere Dampfschmiedehammer des Bochumer Vereins, der einen Eindruck von den gewaltigen Dimensionen der Eisen- und Stahlproduktion von damals vermittelt. Oder die komplette Güterzug- Dampflokomotive 50 2429 von 1942 aus der Lokfabrik des Krupp-Konzerns.

Museum Eisenheim und St. Antony Hütte

Auch die Geschichte der Zinkfabrik selbst wird dargestellt: Filmausschnitte zum Produktionsverfahren, Fotografien und schriftlich festgehaltene Aussagen ehemaliger Arbeiter geben einen authentischen Einblick in die Produktionsabläufe und die harten Arbeitsbedingungen in der Fabrik. Auch die frühen Auseinandersetzungen um die hohen Schadstoffbelastungen zwischen den Anwohnern und dem Unternehmen sind in der Ausstellung dokumentiert.

Der Gebäudekomplex der ehemaligen Zinkfabrik mit Walzhalle, Elektrozentrale, Schlosserei und Schmiede ist heute in der Obhut des Landschaftsverbandes Rheinland, der von hier aus sechs weitere Industriemuseen betreut. Zu den Oberhausener Standorten gehören unter anderem das kleine Museum Eisenheim sowie die St. Antony Hütte.

Zinkfabrik Altenberg in Oberhausen - vom Schmiedehammer zum Kulturzentrum 

Die Anfänge der Zinkfabrik Altenberg fallen genau in jene Zeit, als sich das nördliche Ruhrgebiet in rasantem Tempo zu einem der weltweit größten Industriegebiete entwickelte. Um die Importzölle zu umgehen, hatte die belgische Aktiengesellschaft Vieille Montagne beschlossen, ein Produktionswerk in Preußen aufzubauen.

1853 kaufte sie auf dem heutigen Gebiet der Stadt Oberhausen 16 Morgen der so genannten Lipper Heide und errichtete quasi mitten auf der grünen Wiese die Zinkfabrik Altenberg. Die Lage hatte einen unschlagbaren Standortvorteil: Seit 1847 verkehrte hier die Köln-Mindener Eisenbahn, der Anschluss Oberhausen lag direkt am Fabrikgelände.

Blei, Zinkstaub und andere Schwermetalle

Auch der Energielieferant für die Herstellung des leichten, rostfreien Metalls war bereits vor Ort: 1852 hatte auf der benachbarten Kohlenzeche Concordia die Förderung begonnen. Um 1854/55 wurde die Zinkfabrik Altenberg gegründet und die Produktion von Rohzink aufgenommen. Ab 1928 wurde in Altenberg ausschließlich weiterverarbeitet, vor allem Zinkplatten für die Druckindustrie. 1981 wurde die Fabrik geschlossen.

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Das „zweite Leben“ der Zinkfabrik beginnt 1984 mit der Übernahme des Geländes durch den Landschaftsverband Rheinland. Mit dem Ziel, den ehemaligen Fabrikkomplex künftig für kulturelle Zwecke zu nutzen, wurde zunächst tonnenweise Maschinenschrott entsorgt. Vor allem die hochgiftigen Hinterlassenschaften wie Blei, Quecksilber, Zinkstaub und andere Schwermetalle sowie Ölrückstände in Böden und Mauerwerk machten eine gründliche Sanierung erforderlich. Heute ist die ehemalige Zinkfabrik Altenberg Museum und Kulturzentrum mit Disco, Veranstaltungshalle, Kino und Biergarten in einem.

Zinkfabrik Altenberg in Oberhausen - die Arbeitersiedlungen 

Viele Werkswohnungen galten durch große Familien, Kostgänger und Untermieter schon damals als überbelegt. Eine gängige Werkssiedlung bestand aus einem planvoll angelegten Straßennetz, einzeln stehenden Häusern für zwei oder mehrere Familien, meist getrennt zugänglichen Wohnungen und einer Gartenparzelle hinter dem Haus, dazu der Stall für eine Ziege, die so genannte „Bergmannskuh“.

Um 1950 brach die erste Abrisswelle über die Siedlungen herein, da sie den gängigen Standards nicht mehr zu entsprechen schienen. Die baulichen und sozialen Qualitäten der Kolonien wurden erst nach und nach erkannt – vielerorts leider zu spät. Doch wo sie erhalten und behutsam modernisiert wurden, präsentieren sich heute geradezu märchenhafte Siedlungen. Zu den schönsten gehört die Siedlung Teutoburgia in Herne: Um 1910 im Reformstil der englischen Gartenstadt errichtet, ist sie der Inbegriff einer liebevoll restaurierten Bergmannssiedlung – mit einzeln wie in einem großen Park stehenden Wohnhäusern, von denen keines dem anderen gleicht.

Architektur als Abbild sozialer Hierarchie

Die schnuckeligen Zechenhäuschen sind komplett restauriert worden und inzwischen gefragte Immobilienobjekte. Nicht drei Kilometer, sondern Welten trennen übrigens zwei erhaltene Siedlungen in Oberhausen: Die schlichte, hutzelige Arbeitersiedlung „Eisenheim“ und die von dem renommierten Berliner Baumeister Bruno Möhring im englischen Landhausstil entworfene Villenkolonie „Am Grafenbusch“.

Letztere war ab 1910 mit bis zu 300 Quadratmeter großen Wohnungen für die leitenden Angestellten der nahe gelegenen Gutehoffnungshütte errichtet worden. Denn gerade für den Siedlungsbau im Ruhrgebiet gilt: Die Architektur ist Abbild der sozialen und betrieblichen Hierarchie.