Oberhausen.

Kann man dem gefährlichen „Komasaufen“ beikommen, indem man Jugendliche unter 16 Jahren nach 20 Uhr nicht mehr ohne Begleitung eines Elternteils zu öffentlichen Veranstaltungen mit Alkoholausschank lässt? Experten haben ihre Zweifel, ob der Vorstoß der Bundesfamilienministerin, das Jugendschutzgesetz dahingehend zu verschärfen, sinnvoll ist. Die NRZ hat nachgefragt.

„Realitätsfern“, urteilt etwa Paul Fuchs, Teamleiter beim städtischen Jugendamt, der – zumindest soweit es Oberhausen angeht – derzeit überhaupt keinen Handlungsbedarf in dieser Richtung sieht. „Das mag in anderen Großstädten vielleicht anders sein, aber hier haben wir glücklicherweise ganz wenig Probleme in Sachen Jugendschutz.“

Bei den regelmäßig durchgeführten Jugendschutzkontrollen in gastronomischen Betrieben, Diskos und bei Großveranstaltungen komme es so gut wie nie vor, dass nach 22 Uhr noch unter 14-Jährige angetroffen würden. Mit den 14- bis 16-Jährigen sehe es da schon etwas anders aus.

Komasaufen durch Sperrstunde nicht zu verhindern

Aber 20 Uhr? „Der Vorschlag ist realitätsfern. Dann sind Jugendliche doch oft noch unterwegs – ohne Papa oder Mama. Und von Spielplätzen oder anderen Treffpunkten würde man sie dann ja auch nicht wegschicken. Und an jugendgefährdenden Orten – etwa im Rotlichtmilieu oder in Spielhallen – dürfen sie sich sowieso nicht aufhalten. Da hat kein unter 18-Jähriger etwas verloren. Und das ist auch gut so.“

Das Komasaufen aber könne man durch eine um zwei Stunden vorverlegte Sperrstunde für Jugendliche jedenfalls nicht verhindern: „Was wir allerdings immer wieder feststellen, ist, dass bei vielen Veranstaltungen offenbar vorher getrunken wird – am eigentlichen Veranstaltungsort dann gar nicht mehr so“, berichtet Fuchs etwa von Kontrollen bei Open-Air-Festivals. „Aber wenn die Jugendlichen vorher Papas Bar oder Partykeller plündern, darauf haben wir sowieso keinen Einfluss. Egal, zu welcher Stunde.“

"Diskobetreiber ausreichend sensibilisieren"

Statt auf vorverlegte Sperrstunden setzt man beim Oberhausener Jugendamt deshalb viel eher auf die Einsicht der Gastronomen und Veranstalter, die man immer wieder über die Jugendschutzbestimmungen informiere. „Da muss man gar nicht erst die große Keule rausholen. Wenn wir die Diskobetreiber und Verkäufer von Alkohol da ausreichend sensibilisieren können, dann sind wir mit dem Jugendschutz auf einem gutem Weg“, so Fuchs.

„Die Sperrzeiten vorzuziehen, weil sich Jugendliche irgendwo abschießen – das bringt gar nichts“, findet Christoph Kaiser, Sprecher des Jugend- und Kulturzentrums Druckluft, klare Worte in Bezug auf die geplante Gesetzesnovelle. „Ich halte unser derzeitiges Jugendschutzgesetz für absolut ausreichend.“

Was im häuslichen Bereich an alkoholischen Exzessen bei Minderjährigen passiere, bekomme man durch geänderte Sperrzeiten sowieso nicht in den Griff. Ansonsten plädiert auch Kaiser an das Verantwortungsbewusstsein von Partyveranstaltern und Gastronomen: „Wenn wir wissen, dass Großveranstaltungen wie bestimmte Disco-Formate anstehen, bei denen es schwierig wird, bei laufendem Betrieb zu gewährleisten, dass Minderjährige rechtzeitig rausgehen, dann lassen wir die erst gar nicht rein.“