Das ist auch für Emma eine Premiere. Die Mischung aus Labrador und Berner Sennenhund bekommt eine Geschichte vorgelesen und vergisst vor lauter Spannung sogar das Bellen. Lesetag in Oberhausen.
140 Veranstaltungen quer über die Stadt verteilt, hier in der Mittagszeit ist gerade Rezitationssiesta in der Liricher Tierarztpraxis Rehmann & Scheffler. Ausgerechnet hier liest Nicole Scheffler „Der Hund kommt nicht ins Haus”. Ist ja auch nicht mehr nötig, sind schon zwei drin, genauso aufmerksame Zuhörer wie die Kinder, die an den Lippen der Lesepatin hängen. Es gibt in Spritzgebäckteig gebackene Hundekuchen, Getränke und zum Abschied das Hundermerkspiel „Wuffory”.
Wie hier in Lirich hat man sich allüberall stimmig eingerichtet für den Lesemarathon. RWO-Präsident Hajo Sommers trägt in der Kabine der ersten Mannschaft beim Lesen von Fußballgeschichten das T-Shirt der Kleeblätter. Die Marienschule hat sich kurzerhand in ein neues Terrain des afrikanischen Kontinentes verwandelt, bringt den Kindergartenkindern, Grundschülern und Offenem Ganztag Fernes über Bilderbuchkino und geheimnisvolle Geschichten nah.
Auf der Kinderstation des EKO zeigt Beate Meller zumindest semiprofessionelles Lesetalent vor kranken Kindern. Und Jürgen Hinninghofen, als Rezitator vielgereist schon, kann in der Gesamtschule Alt-Oberhausen rund 80 junge Leute um sich scharen, die gebannt seinen parodistischen Text-Interpretationen lauschen. Wie Hinninghofen auch liest Martin Müller-Reisinger seine Texte nicht nur. Das Mitglied des Oberhausener Theater-Ensembles spielt im Weiterbildungsinstitut die Geschichten aus Paul van Loons „Gruselbus” auch, formt mit Gestik und Sprechkunst geisterhafte Figuren.
Proppenvoll der Leseraum bei ZAQ, als Oberbürgermeister Klaus Wehling, der vor drei Jahren die Idee hatte, einmal einen Lesetag zu veranstalten, bei der nunmehr dritten Auflage der Aktion zum Buch greift. Sogar ein Kamerateam von SAT 1 ist gekommen, um dem rezitierenden OB über die Schulter zu schauen. Auf Kulturdezernent Apostolos Tsalastras sind zwar keine Kameras gerichtet, dafür saugen die Eleven der Hauptschule Eisenheim ihm die Texte aus den Lippen, fordern immer wieder ein da capo. Klar dass ein Autor wie Erwin Grosche in der Adolf-Feld-Schule spielend die Aula füllt und dort von den Schülern gefeiert wird. Zweimal gleich muss er ran. Irgendwie grüßt Heinz Erhard posthum in diese friedliche Leseschlacht: „Noch'n Gedicht”.
Und ein Lied:
Es ist ein wahrlich ergreifender Moment für die jungen Leute der Ruhrwerkstatt. Im Pflegezentrum des St. Josef Hospitales haben sie vorgelesen vom Leben in alten Bergarbeitersiedlungen, haben sogar Schnibbelbohnen mitgebracht, da fragt eine alte Dame: „Kennt ihr eigentlich das Bergmannslied?” Kannten sie nicht, und dann stimmte die Seniorenrunde an: „Glückauf, Glückauf...”