Oberhausen.. Stadt und Citymanagement wollen die Innenstadt von Oberhausen lebenswerter gestalten. Dazu sollen die Eigentümer einen Teil beitragen: Sie sollen investieren.

Gleich abreißen oder lieber modernisieren? In die Innenstadt soll schon in den nächsten zwei Jahren frischer Wind ziehen: Impulse für die obere und untere Marktstraße und Ideensuche für den Bereich Bahnhof, JVA und Post.

Natürlich geht’s dabei auch um viel Geld, das die Kommune in die Innenstadt investieren müsste, aber nicht hat. Wie kann die klamme Stadt dennoch für Entwicklung in den wichtigen Bereichen Wohnen, Einzelhandel und Verkehr sorgen? Wir sprachen mit City-Manager Franz Muckel und Planungsdezernent Peter Klunk.

Dass in der City einige Immobilien seit Jahren leer stehen und den Einzelhandel wie auch das Wohnumfeld belasten, ist kein Geheimnis. Das ehemalige P&C, die frühere Dresdner Bank am Altmarkt, die verkommene Markthalle sind nur drei Beispiele für jahrelange Stagnation in der Innenstadt, für fehlende Konzepte, und offenbar auch für Investitionsunlust der Eigentümer.

„Für manche ist die Entwicklung eines Konzepts bereits eine Hürde“, nimmt Planungsdezernent Klunk einen Teil der Immobilienbesitzer in Schutz. Denn bevor auch nur ein Stein verändert werde, hielte der planende Architekt die Hand auf. 3000 bis 5000 Euro zu investieren für eine Idee mit ungewis­ser Zukunft? Das schrecke nicht wenige Eigentümer ab.

Obere Marktstraße

Mit einem Ideenwettbewerb für Kreative und Architektenbüros will City-Manager Franz Muckel deshalb diese erste Schwelle abbauen: „Unser Ziel ist es, auf der oberen Marktstraße Lösungen für die Erdgeschossflächen entwickeln zu lassen.“ Auf dem Abschnitt von der Düppelstraße bis zur Mülheimer Straße soll es aber nicht unbedingt darum gehen, den Einzelhandel wieder anzusiedeln, sondern um Alternativen zu diesem. Aus der Not des Leerstands haben hier nur Einzelne versucht, eine wenn auch temporäre Tugend zu machen: Im Schaufenster eine Ausstellung über den Job der Putzfrau, darüber zeugt die verblasste Schrift vom Glanz der alten Zeit – „Exklusive Möbel“.

Während mancher Anwohner und Händler bisher auf die Öffnung dieses Abschnittes für den Autoverkehr drängte, weil er sich davon ein aufblühendes Geschäftsleben verspricht, peilt das Citymanagement die City als lebenswerte Wohnstadt mit Nahversorgung an. Der Handel werde sich künftig in der Mitte der Marktstraße konzentrieren, glaubt City-Manager Muckel. Die Händlerzahl oberhalb von Café Bauer werde weiter schrumpfen, auch wenn die Geschäfte im Abschnitt zwischen Café und Wörthstraße durch den Bau der Stadtsparkasse in den letzten Jahren einen Aufschwung erlebt hätten.

Modellcharakter

Schon ab 1. Juli will das Stadtmanagement zunächst mit der Analyse des Abschnittes Düppel- bis Mülheimer Straße beginnen. 100.000 Euro Landesfördergelder sollen später in einen Ideen- Wettbewerb, mehrere Gesprächsrunden mit Eigentümern und Architektenbüros und am Ende in die Umsetzung eines Teils der Kreativ-Vorschläge fließen. An der Güte der entwickelten Ideen hängt einiges: Denn auch das Land, so Muckel, sucht nach einem Werkzeug, um ähnliche Situationen in anderen Städten verbessern zu können. Die obere Marktstraße soll damit zum Modell für das Ruhrgebiet werden. Nach 16 Monaten, also im Oktober 2013, müssen die Ideen realisiert sein

Dilemma „Wohnstadt“

Die Umsetzungen sollen jedoch danach den Anschub geben für weitere Investitionen durch die Eigentümer vor Ort. An den Türöffner-Effekt zu den Hausbesitzern und einen möglichen positiven Domino-Effekt glaubt ebenso Peter Klunk: „Ähnliches haben wir beim erfolgreichen Fassadenprogramm beobachtet“, und fügt hinzu: „Unser Ziel muss es sein, den Wohnbestand marktfähig zu machen.“

Denn einige Wohnungen sind unzeitgemäß, weil zu klein und kaum altengerecht und zudem marode. Manche Vermieter in der Innenstadt hätten sich sogar bereits auf Hartz-IV-Empfänger spezialisiert, denn die Miete komme regelmäßig vom Staat und nach dem Wohnungszustand werde nicht gefragt. Wie groß der Anteil der „menschenunwürdigen Wohnungen“ ist, sagt Muckel zwar nicht, „er ist aber wachsend“, ergänzt Klunk.

Das Dilemma ist weitreichend, wie der Familienbericht 2012 zeigt: In der City, heißt es dort, lebten jetzt schon nur noch diejenigen, die sich den Umzug in bessere Quartiere nicht leisten können. Das wiederum schrecke vermögendere Mieter ab. Der Innenstadt drohe ein Ghetto, wenn nicht entgegengesteuert werde.

Untere Marktstraße

Konzepte für eine bessere soziale Durchmischung seien daher gefragt. Das neue Pacelli-Quartier an der unteren Marktstraße könnte ein solcher positiver Faktor werden, der weitere Investoren anlockt. „Eigentümer im Umfeld zeigen bereits Interesse an ähnlichen Wohnformen mit Betreuung für ältere Menschen“, sagt Klunk. Überraschenderweise soll bei der Nachfrage im Pacelli-Haus die Miethöhe kaum eine Rolle gespielt haben und die sei bei diesem Projekt „ambitioniert“, so der Planungsdezernent.

Bedarf sieht Muckel ebenso bei Angeboten für Jugendliche. 2008 stellte die Stadt einen Förderantrag von 550.000 Euro um einen Spielraum auf dem DGB-Parkplatz an der Friedrich-Karl-Straße zu schaffen: Ein kleiner Park mit Tischtennisplatten, Korbschaukeln, Seilrutschen und auch Betreuungsangeboten sollte entstehen. Dieser wurde damals abgelehnt, Muckel stellt ihn in diesem Jahr erneut: „Die Jugendlichen müssen dort aber betreut werden, sonst verändert sich für sie nicht viel.“

Schlüssel zum Erfolg

Nach wie vor zeugen Leerstände an der unteren Marktstraße davon, wie schleppend Stadtentwicklung voranschreitend kann: P&C-Haus, Dresdner Bank (Altmarkt) und Markthalle – zählen zu wichtigen so genannten Schlüsselimmobilien, deren Leerstände teils erhebliche negative Effekte auf das Umfeld haben.

Für diese versucht das Stadtmanagement zum Teil bereits seit vielen Jahren einen Nachmieter bzw. Investor zu finden. Auch in diesem Jahr stellt Muckel einen Förderantrag beim Land. Das Ziel: Bestimmte Immobilien entweder selbst ersteigern zu können oder die Eigentümer zu bewegen, ihr Gebäude weiter zu entwickeln. „Mindestens 20 Prozent der Entwicklung muss der Besitzer aufbringen.“ Klunk warnt außerdem vor zu großen Erwartungen in eine städtische Investitionskraft: „Die Kommune kann es nicht.“

Bhf, JVA und Co

Das Finanzamt, die JVA, der Hauptbahnhof, die weitere Entwicklung des Kreativ-Quartiers in der Post – das alles sind für Muckel und Klunk Kandidaten, die der weiteren Entwicklung für die Innenstadt bedürfen. Planerisch liegen JVA und Finanzamt auf einer „Behörden-Dienstleistungsachse“, so Klunk, „die sich bis zum Amtsgericht und zur Polizei erstreckt“. Zumindest das Finanzamt würde Klunk deshalb am Ort belassen. Muckel schwebt für das JVA-Gebäude etwas anderes vor: „Ich würde mir dort eine Fachhochschule wünschen, mehr Jugend wäre gut für die Innenstadt“.

Direkten Einfluss darauf, ob und was dort entsteht, haben derzeit allerdings weder Muckel noch die Stadt: Das Gebäude – bis Ende des Jahres ist das Therapiezentrum mit einem Bewohner dort untergebracht – gehört dem Bau- und Liegenschaftsbetrieb NRW. Dort schweigt man noch über die Zukunft der JVA.

Träumen darf man jedoch: Im diesjährigen Sommer-Forum am Saporisha-Platz will man mit Experten und Bürgern über Ideen und Zukunftswünsche für den Bahnhof, JVA, Finanzamt und Post sprechen.

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