Gottlob ist noch nicht bekannt, dass sich irgendwo mal jemand zu Tode gelesen hat. Dann könnte unsere Stadt am kommenden Montag ein gefährliches Pflaster werden. Die „Lesestadt Oberhausen” nimmt bei ihrer dritten Auflage seit dem Start 2007 immer kräftigere Gestalt an.

Die Streckenkilometer des Lesemarathons wachsen und wachsen. 140 Veranstaltungen, kleine und große, geschlossene und offene, waren bis gestern („High Noon”) gemeldet, die letzte bis dahin registrierte Harald Elke vom städtischen Ehrenamtsbüro gewissermaßen auf dem Weg zur Pressekonferenz und klebte sie dort eilends in die Unterlagen.

Hans-Dietrich Kluge-Jindra, der als stellvertretender Leiter der Stadtbibliothek den Beitrag von Oberhausens größter Schmökerstube zur Lesestadt verantwortet, ist sich beinahe sicher, dass man die 150 noch knacken kann bis zum 11. Mai. 70 Veranstaltungen waren es 2007, 100 dann im vergangenen Jahr, für das Jahr der Kulturhauptstadt Ruhr.2010 will man dann noch einmal kräftig nachlegen. Hatte man vor Jahresfrist Oberhausener Unternehmen zu den vielen Schulen, die beim Auftakt 2007 dabei waren, ins Lese-Boot geholt, so sind es diesmal die unterschiedlichen Einrichtungen der Erwachsenen- und Familienbildung, die sich massiv an der Lesestadt beteiligen. Die Katholische Bildungsstätte ist ebenso dabei wie das Evangelische Familien- und Erwachsenenbildungswerk, das Wbi macht mit, ZAQ sowieso, auch das Bildungswerk des Friedensdorfes ist dabei. Selbst „Exoten” für einen solchen Veranstaltungstyp reihen sich in die Veranstalteraschar ein wie die Tierärztliche Praxis Rehmann & Scheffler, wo es Futter nicht nur zu hören, sondern auch zu beißen gibt.

Die Rezitationsarmada wird von Oberbürgermeister Klaus Wehling angeführt, der vor drei Jahren auch die Idee zur Lesestadt hatte. Klar, dass die Beigeordneten der Spur des Ersten Bürgers der Stadt in die Schatzkammer der Kinder-, Jugend- und Erwachsenenliteratur folgen, teilweise lesen sie berufsbezogen, Baudezernent Peter Klunk etwa „Bob, der Baumeister”. Nur Kämmerer Bernd Elsemann soll sich geweigert haben, aus dem städtischen Haushaltsplan zu lesen. Der Lesetag solle den Hörern ja Spaß machen.

Auch RWO-Präsident Hajo Sommers liest, angezogen, wie er verspricht, in der Kabine der ersten Mannschaft im Niederrheinstadion.

Radio Oberhausen ist erstmals dabei, die Texte für die Internetseite sind schon eingesprochen, in den Mehrgenerationenhäusern wird gelesen. Die Termine in Kindergärten und Schulen sind weitgehend vormittags, der Nachmittag und der Abend gehören der Erwachsenenliteratur, die sich vorgearbeitet hat sogar bis in Kirchen und Moscheen – auch sprachlich multikulturell, neben deutsch wird u.a. türkisch, kurdisch, russisch, polnisch und serbo-kroatisch gelesen.

Die Hintermänner der Aktion, neben Kluge-Jindra und Elke u.a. auch noch Andreas Stahl vom städtischen Familienbüro und Hajo Mattheis als Geschäftsführer der Literarischen Gesellschaft, wissen, wo sie mit der honorarfreien Lesestadt hinwollen. Zwar würden immer mehr Menschen immer mehr Bücher lesen, aber immer mehr Menschen würden auch gar nicht lesen. Und da will man mit dieser im besten Sinne aggressiven Form der Leseförderung ansetzen. Sogar auf einem Schiff in der Marina.