Oberhausen. Die Deutsche Verkehrswacht will eine niedrigere Promille-Grenze für Radfahrer und erntet in Oberhausens Zweirad-Szene große Zustimmung. Alkoholisierten Unfallfahrern drohen schon jetzt harte Konsequenzen.

Gebranntes, Gezapftes, Gestrampel – für einige Radfahrer ist dies ein harmonischer Dreiklang. So mancher schwingt sich nach dem ausgedehnten Kneipenbesuch noch mit einem Alkoholpegel auf den Drahtesel, mit dem er in seinem Auto nicht mal den Scheibenwischer betätigen würde. Offiziell ist dies nicht verboten. Denn die Grenze zur absoluten und damit direkt strafbaren Fahruntüchtigkeit liegt beim Radfahren bislang bei großzügigen 1,6 Promille. Allerdings fordert die Deutsche Verkehrswacht nun die Senkung des Promille-Grenzwertes auf 1,1 und bekommt dafür auch in Oberhausen breite Zustimmung.

Tunnelblick

„Das ist längst überfällig“, meint etwa Doro Kleine-Möllhoff, Sprecherin des Allgemeinen Deutschen Fahrradclubs (ADFC) in Oberhausen und Mülheim. „Eigentlich müssten für Autofahrer und Radfahrer die gleichen Maßstäbe gelten.“ Schließlich seien beide Teilnehmer des gleichen Straßenverkehrs. Sie empfiehlt Radfahrern, bei der Beurteilung der eigenen Fahrtauglichkeit auf die klassischen Selbsttests zurückzugreifen. „Spätestens wenn ich mit dem Finger die eigene Nasenspitze nicht mehr treffe oder nicht mehr problemlos geradeaus gehen kann, sollte ich auf ein Taxi umsteigen. “

Für Dino Kuduz ist die derzeit gültige Promillegrenze von 1,6 sehr hoch angesetzt. „Für jemanden, der nicht regelmäßig viel trinkt, bedeutet das ein sehr hohes Level. In diesem Zustand wird es sehr schwierig, rechtzeitig zu bremsen und das Gleichgewicht zu halten“, sagt Kuduz, Funktionsoberarzt am Evangelischen Krankenhaus Oberhausen (EKO). In der dortigen Ambulanz werden pro Monat etwa zwei Radfahrer behandelt, die sich unter Alkoholeinfluss verletzt haben.

„Schon ab 0,8 Promille verdoppelt sich die Reaktionszeit und man bekommt einen Tunnelblick“, warnt auch Dieter Elsenrath-Junghans, Vorsitzender der Deutschen Verkehrswacht in Oberhausen. „Wenn jemand in diesem Zustand beispielsweise auf der Mühlheimer Straße fährt, dann kann das schon böse enden.“ Er betont: Betrunkene Fahrradfahrer gefährden nicht nur ihre eigene Gesundheit, sondern nötigen womöglich auch Autofahrer zu gefährlichen Ausweichmanövern.

Komplettes Alkoholverbot kaum durchsetzbar

Elsenrath-Junghans’ Vision wäre auch aus diesem Grund ein komplettes Alkoholverbot auf der Straße. Da er dies aber als kaum durchsetzbar erachtet, benennt er eine Alternative. „Man könnte neben der Senkung der Promillegrenze auf 1,1 das Fahrradfahren ab 0,8 Promille als Ordnungswidrigkeit bewerten“, so sein Vorschlag. Dies käme dann einer vorgeschalteten Verwarnungsstufe („Gelbe Karte“) gleich, die bereits vor der absoluten Fahruntüchtigkeit greifen würde.

Unterstützung erfahren derartige Ansätze auch von der Oberhausener Polizei, die in den ersten vier Monaten dieses Jahres vier Verkehrsunfälle zählte, an denen alkoholisierte Radfahrer beteiligt waren. Für 2011 weist die Statistik acht derartige Vorfälle aus. „Viele Radfahrer vergessen, dass bei Unfällen unter Alkoholeinfluss schnell der Führerschein in Mitleidenschaft gerät“, so Polizeisprecher Johannes Paus dazu.

Wer mit 1,6 Promille oder mehr am Fahrradlenker erwischt wird, erhält vom Straßenverkehrsamt sogar direkt eine Einladung zur Medizinisch-Psychologischen-Untersuchung („Idiotentest“). „Wer diese nicht besteht, bekommt dann die Fahrerlaubnis entzogen“, erläutert Carsten Bleckmann, Leiter der Oberhausener Führerscheinstelle, die Konsequenz.