Oberhausen. . Unterwegs mit dem Fahrdienst der SPD in Sterkrade. Parteisoldat Hubert Cordes kutschiert mit seinem Privatwagen alte und gehbehinderte Menschen zur Wahlurne. Ein Dienst am Wähler, mit der kleinen Hoffnung auf zählbaren Erfolg.
Da! Hausnummer 90! Hier ist es richtig. Familie Schöndeling steht schon vor der Tür. Hubert Cordes stoppt den VW Touran, steigt aus und öffnet die Tür ganz weit. Kurt Schöndeling humpelt mit eingeschientem Fuß über die Auffahrt, lässt sich ganz langsam rückwärts auf den Beifahrersitz gleiten. Gattin Daniela, ebenfalls hinkend, steigt hinten ein. Bitte abfahren zur Stimmabgabe! Der Wahlexpress setzt sich in Bewegung.
Hubert Cordes ist seit mehr als 25 Jahren treuer Parteisoldat. Er hat Wahlstände organisiert, Plakate geklebt, Zeitungen verteilt. Und. Und. Und. Heute fährt er im Privatwagen Wähler zur Urne. „Für mich ist es wichtig, dass die Bürger überhaupt wählen gehen“, sagt der 61-Jährige. Der Sprecher der Bezirksvertretung ist an diesem Sonntag früh aufgestanden – wie immer sonntags. Der Konditormeister hat die Ware vorbereitet. Um 12 Uhr machen sein Laden und das Café an der Brandenburger Straße in Sterkrade auf.
Vorher sitzen jetzt aber noch die Schöndelings im Auto. Innerhalb weniger Sekunden ist das Gespräch beim Fußball. Kurt Schöndeling freut sich tierisch über den Sieg der Dortmunder im Pokal. Endlich mal Grund zur Freude. Denn die Leidensgeschichte des 63-Jährigen ist lang. Er hat Diabetes, erlebte acht Herzinfarkte, musste zuletzt sieben Wochen im Krankenhaus liegen. „Es sollte eigentlich nur eine Woche dauern“, sagt der Hobby-Dichter. Hätte er es vorher gewusst, hätte er Briefwahl gemacht. Dafür sei es dann aber zu spät gewesen.
Bei der FDP würden sie nie einsteigen
Zum Glück gibt’s ja den Fahrdienst der SPD. Überall in der Stadt haben sich Parteimitglieder wie Hubert Cordes zur Verfügung gestellt. Das Parteibüro nimmt über eine zentrale Telefonnummer Fahrwünsche von Alten und Behinderten entgegen, koordiniert die Helfer. Bei der FDP würden sie nie einsteigen, sagt Daniela Schöndeling. Bei den Piraten vielleicht? Die 51-Jährige lacht laut. „Etwa im Bollerwagen?“
Warum die ganze Arbeit? Hubert Cordes gesteht: „Ich hoffe natürlich, dass es der SPD beim Ergebnis etwas bringt.“ Letzte Überzeugungsarbeit im Wahlexpress? Eher Sprechstunde. „Meist wird man kritisch befragt.“ Bei den Schöndelings ist nicht mehr viel Überzeugungsarbeit zu leisten. „Wenn Sie auf mein Hemd gucken, wissen Sie, was ich wähle“, sagt Kurt Schöndeling. Er trägt Rot.
„Meine Frau und ich wünschen noch einen schönen Tag.“
Die Wahl in der Herderschule ist schnell erledigt. Hubert Cordes reicht Kurt Schöndeling sicherheitshalber den Arm. Damit der nicht fällt. Der Wähler verabschiedet sich anständig vom Wahlvorstand. „Meine Frau und ich wünschen noch einen schönen Tag.“
Auf der Rückfahrt erzählt Kurt noch, dass er im Krankenhaus alle Wahlprogramme gelesen hat. Und dass er immer wählen geht. „Einmal wollte mir der Arzt das verbieten, weil ich auf der Intensivstation lag. Ich habe meinen Anwalt gerufen.“
Die Schöndelings bedanken sich, dass der nette Herr Cordes sie gefahren hat. „Wir hätten es sonst nicht geschafft.“ Cordes fährt weiter zum nächsten Paar, vielleicht das letzte für heute. Briefwahl ist im Kommen.