Oberhausen. .

Nein, den Preis für den Stahlträger will Hans-Georg Hofmann nicht verraten. „Ihnen würde ich ihn schenken“, sagt der 84-Jährige. Der Geschäftsführer der Stahlgroßhandlung Lohmar und Meller lacht verschmitzt. Er hat das sensible Thema ganz charmant abgeblockt. Wohlwissend, dass Journalisten eher selten Stahlträger benötigen.

Die Kalkulation des Senior-Geschäftsmanns ist ein ganz eigenes Modell. Wenn der kleine Handwerker auf den Hof der Firma an der Buschhausener Straße gefahren kommt und Stahl ordert, sehe er genau hin. Was kann der zahlen? Was muss der zahlen? Welche Konditionen halten den Handwerksbetrieb am Leben? Das sei auch eigennützig. Schließlich sei ein gesunder Betrieb ja auch ein gesunder Kunde. „Manchmal sind wir wie eine Bank“, sagt der überzeugte Katholik Hofmann.

Das 113 Jahre alte Unternehmen spürt selbst seit jeher den Druck der Konkurrenz. Einst waren es die großen Stahlproduzenten, die plötzlich selbst als Zwischenhändler auftraten. Heute sind es Billiganbieter aus China, die kleinere Mengen ganz schnell in den Pott liefern. „Vier Tage“, sagt Hofmann dauere es, bis die Lieferung da sei. „Manchmal hat man das Gefühl, dass Logistik nichts mehr kostet.“ Das ist natürlich nicht so. Die Hofmannschen Lkw wollen in Schuss gehalten werden. Der Chef wirft selbst einen Blick drauf. „Alles muss stimmen.“

In der Lagerhalle türmen sich Stahlträger, Stahlstangen und Stahlrohre. Edelstahl macht mittlerweile die Hälfte des Geschäfts aus. Die Mitarbeiter sägen die tonnenschweren Träger nach Kundenvorgabe zurecht. Ganz so groß ist der Berg in diesen Tagen nicht. Vor einigen Wochen sei der Markt-Preis hoch gewesen. Da habe man viel abverkauft. Jetzt, wo der Preis gesunken sei, beginne wieder die Bevorratung. Der Einkauf läuft über einen Verband kleinerer Stahlhändler, das schafft Mengenrabatte. „Wir könnten sonst nicht konkurrieren.“

Der Stahl kommt mal aus Dänemark, mal aus Spanien. Früher, da fuhr Hans-Georg Hofmann noch zum Einkaufen bei der Gutehoffnungshütte vorbei. Die Zeiten sind längst Vergangenheit. Als Mittelständler hat er seinen Weg und Kundschaft gefunden: vergleichsweise kleine Kunden mit kleiner Nachfrage. „Die Großen liefern doch so kleine Stückzahlen gar nicht.“

Als Arbeitgeber müsse man sozial sein, ein Vater für die Mitarbeiter, sagt Hofmann. Er schimpft auf Vorstände mit astronomisch hohen Gehältern. Da sei doch das Verhältnis nicht mehr gegeben. Natürlich müsse man als Unternehmer auch Gewinn machen, auch mal Verluste ausgleichen können. Aber Protz das sei nicht sein Ding. Er hafte mit seinem Privatvermögen, „bis zum letzten Hosenknopp“. Auch in Hofmanns Büro sieht’s nach Arbeit aus. Hier läuft kein Fernseher mit n-TV und Börsenticker. Der Chef klappert nebenher mit dem Finger auf der Rechenmaschine. Die spuckt mit lautem Rattern einen Bon aus.

Die Lebensgeschichten seiner 45 Mitarbeiter hat er parat („Wir sind ein Familienbetrieb“). Der geschäftsführende Gesellschafter stellt gerne Hauptschüler ein („Ich mag diese Abqualifizierung nicht“). Und ehemalige Mitarbeiter dürfen sich zur Rente etwas nebenher verdienen („Mit 65 Jahren braucht man bei uns nicht zu gehen“). Hofmann engagiert sich auch als Spender, gibt für Sport und Karneval. Gerne, das betont er immer wieder. Er erzählt von seinen Enkeln, die bei seiner Art zu wirtschaften, die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. „Die lernen das heute ganz anders. Da wird viel knapper gerechnet.“

Hofmanns Karriere bei Lohmar und Meller begann 1949 als Lehrling. Damals war er 21 Jahre alt. „Ich habe 32 Bewerbungen geschrieben, um unterzukommen.“ Dafür, dass Hofmann mal „Lehrer oder Musiker“ werden wollte, machte er im Nachkriegs-Oberhausen ziemlich schnell Karriere: Mit 25 war der Groß- und Außenhandelskaufmann schon Prokurist. 1969 kaufte er sich als Miteigentümer bei Lohmar und Meller ein.

Bis heute (nach 63 Jahren im Unternehmen!) hat Hans-Georg Hofmann das Ruder in der Hand. Gibt er es ab? „Ich lerne, alt zu werden“, sagt der Opa-Chef etwas geheimnisvoll. Hört sich nicht nach Ruhestand an.

Zweites Standbein des Unternehmens ist ein Sanitärgroßhandel. Den führt Kompagnon Klaus Meller. Die beiden Geschäftsfelder lägen gar nicht so weit auseinander, erklärt Geschäftsführer Hans-Georg Hofmann. Früher seien viele Kunden aus dem Bergbau gewesen. „Wenn die Stahl brauchten, brauchten die auch Armaturen.“

Auch wenn die Firma noch den Namen Lohmar und Meller trägt – ein Lohmar ist in dem 113 Jahre alten Unternehmen nicht mehr aktiv. Hans-Georg Hofmann übernahm die Anteile des Mitgründers. Seinen eigenen Namen wollte er nicht in den erfolgreichen Titel integrieren. „So etwas tut man nicht.“