Oberhausen.

Bei dieser Angelegenheit versteht sie keinen Spaß. „Sieht das wirklich ordentlich aus?“, fragt eine ältere Dame, die gerade im Sessel eilig noch einmal ihre Frisur kontrolliert. Das „Du siehst immer gut aus!“ ihrer Sitznachbarin hat sie noch nicht überzeugt. Bei der närrischen Feier im Louise-Schröder-Heim soll heute alles perfekt sein – schließlich kommt Prinz Karneval.

Einmal im Jahr zieht es den Regenten von Groß-Oberhausen nicht nur zu pompösen Prunksitzungen, sondern auch in die Senioren-Einrichtungen. Eine besondere Tour für ihn – und freilich auch für die Bewohner selbst. „Viele gehen noch vorher schnell zum Frisör“, bestätigt Heimleiter Udo Spiecker. „Wenn der Prinz kommt, dann ist das etwas ganz Besonderes.“

So ist der Aufenthaltsraum in der Senioren-Einrichtung schon früh gut gefüllt: Die meisten haben sich verkleidet. Blumenketten hängen um den Hals. Kleine Party-Hüte werden immer wieder mit größter Sorgfalt zurecht gerückt. Aufmerksam lauschen alle Sitzungspräsident Axel Dehen. Die Große Osterfelder Karnevalsgesellschaft (GOK) betreut die Veranstaltungen seit Jahrzehnten. Sie sitzt im Elferrat, klatscht mit – regt eine Polonaise an.

Wer kann, macht mit

„Wer kann, der soll mitmachen“, schallt es von der Bühne. Schnell setzt sich die erfahrene Karawane in Bewegung. „Da machen wir doch mit!“ Einige Heimbewohner sind schnell dabei. Andere wirken noch skeptisch und überlassen anderen den Vortritt. Klar doch: Erst mal warm werden, dann geht’s ab durch die Mitte.

Schunkelgelegenheit besteht reichlich: Eine Sache, die auch aus Sicht des Pflegepersonals – das sich mit Engagement beteiligt – gerne gesehen wird. Die Karnevals-Sause fördert nicht nur Stimmung, ergänzt das Unterhaltungsprogramm, sondern fordert auch den Bewegungsapparat. Der DJ stimmt an: „Und jetzt die Hände zum Himmel!“ Hier ist Karneval ein Stück Gesundheitsprogramm.

Die gute Laune steht selbstverständlich vorne an. Wobei das Publikum nicht unkritisch ist. Wenn von der Bütt ein Witz mit Bart in den voll besetzten Aufenthaltsraum ertönt, gibt es auch mal ein „Den kannten wir schon!“ zurück. Da müssen auch Profi-Humoristen auf Zack bleiben. Ungeteilte Begeisterung lösen immer wieder die Garden aus: Es tanzen ausschließlich die Jüngsten. Und die Knirpse, die Kleinsten im Kindergartenalter, lassen mit niedlichen Tänzen die Augen glänzen. „Die Kleine da hinten sieht fast wie meine Enkelin aus.“

„Die Veranstaltung macht einfach Spaß“, sagt auch Agnes Wittke. Ihr ist die Narretei nicht fremd. Denn sie hat eine ganz besondere Auszeichnung um den Hals hängen. „Das ist mein Prinzenorden!“ Aber nicht irgendeiner. Er stammt aus der Session 1973/74. Prinz Ernst I. regierte damals in Oberhausen. „Ein sehr lieber Arbeitskollege“, wie Agnes Wittke sagt. Den Orden findet sie auch gestalterisch gelungen. „Ernst und Heiter“, lautet das Motto. Das auf dem massiven Metallorden abgebildete Gesicht ist zweigeteilt, zeigt einen lachenden und weinenden Regenten.

Schön war’s wieder

Dann wird es feierlich: Kinderprinzenpaar, Dreigestirn und Stadtprinz Manfred II. marschieren in den Saal. Es wird geklatscht und konzentriert den Worten gelauscht. Aber auch der Prinz muss aufpassen: „Wer ist denn die Älteste hier im Saal?“, fragt er. „So etwas fragt man aber nicht!“, heißt es in der letzten Reihe. Für diesen Lacher sorgen die Bewohner selbst.

Drei Bewohner haben schließlich das große Glück. Ihnen übergibt der amtierende Regent seinen Orden. „Vielen Dank!“, heißt es mit zittriger Stimme. Feuchte Augen werden mit einem Taschentuch getrocknet. Dann endet das Programm langsam: In der Küche bereiten die Helfer schon Kartoffelsalat, Würstchen und kleine Fisch-Häppchen vor. An den Tischen wird noch fachmännisch getratscht: „Was sollen wir sagen: Schön war’s wieder!“