Oberhausen. .
Im Sparkassen-Debakel um den 22-Millionen-Euro-Kredit an die Pleite gegangene Königshardter Textilienhandelsfirma „Sport-Concept“ fokussieren sich die Diskussionen zunehmend auf die Verantwortung der Kontrollgremien.
Zuständig für die Aufsicht über das Gebaren des Vorstandes ist der 15-köpfige Verwaltungsrat, besetzt mit zehn Politikern und fünf Sparkassen-Mitarbeitern, sowie der daraus gebildete siebenköpfige Risikoausschuss, der Millionenschwere Großkredite bestätigen und diskutieren muss.
Für WAZ-Leser Egon Marbach stellt der Verwaltungsrat ein „Kaffeekränzchen“ dar, bei dem kein Teilnehmer die Arbeitsweise eines Vorstandes fachlich beurteilen könne. Der Verwaltungsrat habe im Fall „Sport-Concept“ versagt.
„Nur Kaffeekränzchen“
WAZ-Leser Jürgen Köhler fragt sich, ob der Risikoausschuss ausreichend Kenntnis zum Kreditfall gehabt habe und ob er die erste Vergabe ausreichend geprüft habe.
Auch der Bochumer Kreditwirtschafts-Professor Stephan Paul zweifelt die Kompetenz von zum Teil mit „Hobby-Bankern“ besetzten Verwaltungsräten der Sparkassen an - und fordert Profis als Mitglieder der Aufsichtsgremien: „Zumindest zwei Leute sollten ökonomische Profis sein - etwa Wirtschaftsprüfer, Rechtsanwälte oder Steuerberater“.
Gegen solche Vorwürfe und Anschuldigungen wehren sich jetzt Verwaltungsratsmitglieder. Sie verweisen nicht nur auf das Know-how der fünf hochrangigen Sparkassenmitarbeiter im Verwaltungsrat und der zwei im Risikoausschuss, sondern auch auf die verpflichtenden intensiven Schulungen des Sparkassengiroverbandes für Ratsmitglieder in solchen Gremien.
Und durchaus selbstbewusst nennen sie ihr eigenes Studium, ihre Lebenserfahrung, ihren Beruf etwa als Geschäftsführer, aber auch den anderen Blick eines bodenständigen Laien auf Wirtschaftsgeschehnisse, der unverstellt und offen nachfragen kann, als Vorzüge von Nichtbankern in Aufsichtsgremien.
Bitteres Lachen
Der „Profi“-Vorschlag erntet sogar ein bitteres Lachen. Gerade im Fall „Sport-Concept“ hätten nicht eventuell fehlende Fachkenntnisse der Gremien zum Desaster geführt, sondern Experten selbst. „Die sogenannten Profis hängen da bis zur Halskrause voll drin“, sagt etwa Grünen-Ratsfraktionschef Volker Wilke.
So habe sich die Sparkasse externe Gutachten von Fachleuten hereingeholt, die nicht Alarm schlugen; auch der Sparkassenverband Rheinland habe bei seinen Bilanzprüfungen nicht klar und deutlich vor dem „Sport-Concept“-Engagement gewarnt.
„Auch Profis sind eben nicht davor geschützt, wenn Sachverhalte nicht korrekt dargestellt werden.“ Die Gremien seien erst sehr spät informiert worden, als „das Schiff schon sank“, sagt Wilke.
Reißleine ziehen
Auch Verwaltungsratschef Wolfgang Große Brömer (SPD) meint, die Gremien seien im „Sport-Concept“-Fall vom Vorstand nicht umfassend informiert worden. „Im Nachhinein hätten wir früher die Reißleine ziehen müssen. Doch die unabhängigen PwC-Gutachter haben eindeutig Verstöße des Vorstandes gegen Informationspflichten festgestellt. Hätten wir die Infos gehabt, hätten wir zu diesem Kredit Nein gesagt.“
Und CDU-Fraktionschef Daniel Schranz erklärt: „Das Problem in dem Fall war nicht, dass wir Zusammenhänge nicht durchdrungen haben, sondern dass uns Informationen vorenthalten wurden.“
Gleichwohl sind vom Verwaltungsrat auch selbstkritische Töne zu hören. „Der Vorstand trifft zwar die Kreditentscheidung, der Risikoausschuss bestätigt sie nur, doch man hätte früher misstrauischer sein können. Im Nachhinein betrachtet war das Vertrauen zum Vorstand zu groß“, meint Schranz. Andererseits seien die Kontrollgremien auch nicht als Front gegen den Vorstand gedacht, man könne da nicht stets misstrauisch sein.
Ebenso ist Wilke überzeugt, dass zwischen Vorstand und Aufsichtsrat „eine gewisse Basis an Vertrauen“ Grundlage ist - und man auch als Kontrolleur nicht jede Darstellung anzweifeln könne.
Zur Verschwiegenheit verpflichtet
Ein öffentlich-rechtliches Kreditinstitut wie die Stadtsparkasse, deren Geschäftsleitlinien zu Recht von gewählten Politikern mitfestgelegt und kontrolliert werden, steht unter einem anderem Transparenzgebot wie etwa ein in den Bergen verstecktes kleines Schweizer Privat-Geldhaus.
Gerade bei so einem schwer- wiegenden Fall wie beim 22-Millionen-Debakel um „Sport-Concept“ haben die Bürger das Recht, genau zu wissen, wer wann welche Fehler hier gemacht hat. Schließlich geht es auch um Geld, das der Allgemeinheit, den Oberhausener Bürgern entzogen worden ist. Deshalb müsste eigentlich das Gutachten der unabhängigen Beratungsgesellschaft PwC für alle Bürger veröffentlicht werden - auch als Beweis für die Mitschuld oder Unschuld des Verwaltungsrats.
Stattdessen durften selbst Verwaltungsratsmitglieder das Gutachten nur einsehen - sie erhielten es nicht ausgehändigt. Kopien gibt es nur mit Personen-bezogenem Druck.
Die Geheimnistuerei wird mit dem Bankgeheimnis, dem Sparkassengesetz und dem Persönlichkeitsschutz all der Menschen begründet, die in dem Gutachten mit vollen Namen genannt sind. Die Verwaltungsräte seien zur Verschwiegenheit verpflichtet - und Juristen der verschiedenen beteiligten Kräfte warteten nur auf einen Fehler, um Schadenersatz zu fordern, heißt es.