Oberhausen. . Medikamentenrückstände im Wasser, Feinstaub in der Luft – am Fraunhofer-Institut Umsicht entwickelt man Mikrofilter, die auch solch feinste Teilchen aus Luft und Wasser filtern können. Und mithilfe der Nanotechnik sollen Bakterien, Viren oder andere Mikroorganismen im Wasser nicht nur zurückgehalten, sondern direkt abgetötet werden.
Man sieht und schmeckt sie nicht, trotzdem sind sie da – in unserem Wasser sind immer mehr Rückstände von Medikamenten. Millionen von Frauen schlucken täglich die Anti-Baby-Pille, ebenso viele Menschen nehmen Schmerzmittel, Antibiotika und allerlei andere Medikamente.
Viele der Substanzen können in Kläranlagen nicht entfernt werden – etwa bestimmte Hormone, Antidepressiva oder der Wirkstoff Diclofenac, der auch in Schmerzsalben enthalten ist. „Das sind mitunter bedenkliche Mengen, die einfach komplett durch die Klärwerke durchgehen – das was reingeht, kommt in gleicher Menge wieder raus“, erklärt Ilka Gehrke vom Fraunhofer-Institut Umsicht.
10 Milliarden Löcher pro Quadratmeter
Dort hat man in den letzten Jahren sogenannte „Mikrosiebe“ entwickelt, die auch feinste Teilchen aus Wasser und Luft filtern. Denn herkömmliche Kunststoff-Filter arbeiten ähnlich wie ein Kaffeefilter. Es bildet sich ein Kaffeesatz, das Wasser fließt immer langsamer und irgendwann stockt der Durchfluss. So verstopfen diese Filter schnell und lassen sich schlecht reinigen.
Ein weiterer Nachteil: Die Struktur ähnelt einem porösen Schwamm – es gibt große und es gibt kleine Löcher. So kann man nicht alle Stoffe zurückhalten, kommen sie doch durch die großen Löcher ungehindert hindurch.
Anders ist es bei den metallischen Mikrosieben – in den Filtern sind sehr, sehr feine Löcher. Sie sind etwa hundertmal kleiner als der Durchmesser eines menschlichen Haares, und vor allem sind sie alle gleich groß. Auf einem Quadratmeter Folie befinden sich ganze zehn Milliarden Poren.
Um die Löcher in die Metallfolie zu bekommen, wird ab März ein Laser eingesetzt, der wesentlich schneller ist als das jetzige Verfahren. Denn der macht pro Sekunde 10 000 Löcher. „Ob Kreise oder Schlitze – mit dem Laser ist man viel freier in der Geometrie der Löcher“, erklärt Dennis Schlehuber, der zurzeit an seiner Promotion zu diesem Thema arbeitet.
Diese winzigen Löcher halten also zuverlässig alles zurück, was einen größeren Durchmesser hat als sie selbst – eine sehr sichere Filtration. Sie verstopfen auch nicht so schnell und lassen sich leicht reinigen – wischt man einmal drüber, sind sie sauber.
Bakterien und Viren gleich abtöten
So könnten sie etwa in der Bier- und Weinproduktion angewendet werden, um ungewünschte Hefezellen vollständig herauszufiltern. „Im Weizen möchte man zwar Heferückstände haben, aber ein Pils trinkt man ja völlig klar“, so Ilka Gehrke. Zurzeit nutzt man hierzu meist Kieselgur, eine pulverförmige Substanz aus versteinerten Algen – doch die ist möglicherweise krebserregend. „Es ist aber ein unglaublicher Aufwand, den Biergeschmack zu erhalten, wenn die Anlage geändert wird. Es kann sein, dass der Kunde das schmeckt – ein heikles Thema in der Brauerei-Industrie“, erklärt Gehrke.
Ein ganz aktuelles Thema ist die Feinstaubbelastung in den Städten. Denn Feinstaub gelangt beim Atmen in die Atemwege und kann bis in die Lungenbläschen eindringen – die kleinen Teilchen fördern so Erkrankungen der Atemwege. Hauptverursacher von Feinstaub sind Autos und Holzöfen. So wurden in vielen Städten Umweltzonen eingerichtet, in denen Autos, die zu viele Abgase ausstoßen, nicht fahren dürfen. Für Holzöfen gibt es seit Kurzem neue Staubgrenzwerte – viele Kamine brauchen einen zusätzlichen Filter, um diese einzuhalten. Als solche Feinstaubfilter könnten auch die Mikrosiebe vom Umsicht-Institut dienen.
Seit etwa zehn Jahren arbeitet man hier an der Entwicklung der Mikrosiebe, begonnen hat man mit der Forschung nach neuen Filter-Techniken in Holland. Bis die Mikrosiebe industriell angewendet werden können, dauert es noch etwa fünf Jahre, schätzt Gehrke.
Aber zurück zu den Arzneimittelrückständen im Wasser. Mit Hilfe der Nanotechnik will man versuchen, die Stoffe nicht nur abzufangen, sondern sie zugleich abzubauen. Deshalb will man die Mikrosiebe mit einer Deckschicht aus Titandioxid beschichten, die durch UV- Licht aktiviert wird. „Das ist quasi das gleiche Material wie in Sonnencreme“, so Gehrke. Diese Schichten sollen dann auch Bakterien, Viren und andere Mikroorganismen abtöten.
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