Oberhausen.

Verkehrte Welt: Wer wenig Wasser verbraucht, besonders sparsam mit dem raren Gut umgeht, zahlt ab dem kommenden Jahr deutlich mehr für sein Trinkwasser als bisher.

Sparsame Haushalte, Alleinstehende oder kinderlose Paare müssen ab 2012 nach von der WAZ ermittelten Beispielrechnungen mit bis zu 20 Prozent höheren Wasserkosten rechnen - das kann 40 Euro, in vielen Fällen deutlich mehr pro Jahr ausmachen. Absurd: Wer besonders viel Wasser verbraucht, für den bleiben unterm Strich 2012 die Wasserkosten nahezu gleich.

Grund ist ein neues Tarifsystem, das die Rheinisch-Westfälische Wasserwerksgesellschaft RWW ab Januar 2012 einführt. Neu daran ist vor allem die höhere Grundgebühr, die das Unternehmen für die Instandhaltung der Infrastruktur, für Arbeitskräfte oder Wasserwerke berechnet - fixe Kosten, die unabhängig vom Wasserverbrauch anfallen.

Nicht mehr Zählergröße

Bisher berechnete sich diese Grundgebühr nach Zählergröße. Für Häuser mit kleinem Zähler, sprich Ein-/Zweifamilienhäuser, waren jährlich 169 Euro (brutto) fällig, in Mehrfamilienhäusern mit großem Zähler lag die Gebühr zwischen 246 Euro und 360 Euro.

Ab 2012 zählen nun nur noch die Parteien, die in einem Haus wohnen. Eigentümer von Einfamilienhäusern zahlen statt 162 Euro bald 212 Euro, wohnen zwei Parteien in einer Immobilie, sind sogar 255 Euro fällig. „Mit der Anzahl der Parteien steigt der Grundpreis“, bestätigt ein Sprecher der RWW.

Parallel zu dieser deutlichen Erhöhung sinkt aber der Kubikmeterpreis von derzeit brutto 1,62 Euro (netto: 1,51 Euro) auf bald 1,21 Euro (netto: 1,13 Euro). Und das wiederum kommt vor allem Familien mit Kindern zugute, die überdurchschnittlich viel Wasser verbrauchen.

Zwei reale Beispiele aus dieser Stadt machen deutlich, warum: In direkter Nachbarschaft stehen in Holten zwei Häuser, in dem einen wohnt ein alleinstehender Mann, in dem anderen eine vierköpfige Familie. Der Mann hat 2010 knapp 40 Kubikmeter Wasser verbraucht. Kosten für den Wasserkonsum bisher: rund 65 Euro. Bei gleichem Verbrauch sind ab 2012 zwar nur rund 48 Euro fällig - mit dem um ein Drittel angezogenen Grundpreis steigen seine Gesamtkosten aber von derzeit rund 230 Euro auf bald 275 Euro. Der hohe Grundpreis macht die Einsparung durch den niedrigeren Verbrauchspreis quasi zunichte.

Anders im Haus mit vier Personen. Bei einem Verbrauch von 124 Kubikmetern Wasser zahlt die Familie jetzt pro Jahr rund 360 Euro - ab 2012 werden es nur 9 Euro mehr sein. Weil der Wasserverbrauch höher ist, rechnet sich der niedrigere Kubikmeterpreis.

Ausgerechnet das Wassersparen soll Grund für die Tarifänderung sein: Weil immer weniger Wasser verbraucht wird, nimmt die RWW nach eigenen Angaben nicht mehr genug Geld ein, um ihre fixen Kosten zu decken. „Grund ist auch der demografische Wandel. Weniger Menschen nutzen die gleiche Infrastruktur“, sagt Siegfried Gendries von der RWW. War das nicht abzusehen? „Andere Versorger haben bis heute nicht reagiert.“

Dass das neue Tarifsystem, das einen hohen Wasserverbrauch belohnt, dazu führen könnte, dass kaum Wasser gespart wird, glaubt er nicht. „Beim Wasserverbrauch wird nicht auf den Preis geachtet.“

RWW errechnet andere Kosten

Nachtrag: RWW hat die beiden Fälle nachgerechnet und gibt andere Ergebnisse an: Im ersten Fall, einem Ein-Personen-Haushalt, würden die Wasserkosten bei gleichem Verbrauch von 234 Euro (2011) auf nun 260 Euro steigen. Im Fall des Vier-Personen-Haushaltes sinken die Kosten nach Angaben von RWW von 370 Euro auf 362 Euro.