Oberhausen. . Stimmig serviert, kann die verrückteste Idee funktionieren. Regisseurin Corinna Sommerhäuser verlegt „Das Dschungelbuch“, das neue Weihnachtsstück des Theaters Oberhausen, auf Großstadtdächer und erntet mit ihrer Fassung der Geschichte des Findelkindes Mogli, das bei den Tieren aufwächst, stürmischen Applaus.

Theater überrascht immer und stimmig serviert, kann die verrückteste Idee funktionieren. Regisseurin Corinna Sommerhäuser verlegt „Das Dschungelbuch“, das neue Weihnachtsstück unseres Theaters, auf Großstadtdächer und erntet mit ihrer Fassung der berühmten Geschichte des Findelkindes Mogli, das bei den Tieren aufwächst, stürmischen Applaus. Nach der Premiere war eine Tanz-Zugabe der Darsteller fällig.

Nachts, wenn der Mond scheint, beginnt über den Wohnungen der Menschen die Zeit des Mutes und der Kraft. Die Tiere sind den Menschen auf die Pelle gerückt, im Großstadtdschungel ist der Geier Chil (Eike Weinreich) das Google Earth. „Erzähl’ mir doch noch einmal die Geschichte, wie du mich in der Mülltonne gefunden hast“, fordert Mogli. Chil tut das gern. Doch wichtiger ist, was nun mit Mogli geschehen soll. Der Rat der Wölfe hat beschlossen, dass der Kleine nicht bleiben kann, denn irgendwann wird er erwachsen sein und Tiere in Zoos einsperren oder töten.

Mogli will bleiben, genießt das Leben mit den Tieren, wild, frei und gefährlich, denn der Tiger Shir Khan (Henry Meyer) will ihn fressen.

Die Großstadt-Dschungelgeschichte wird als Tanz-Musical erzählt, witzig, ein bisschen bedrohlich auch - vor allem aber verdammt tierisch. Wenn das Wolfsrudel über die Dächer stürmt, wenn sich der Panther Baghira (Asad Schwarz-Msesilamba) anschleicht, die Schlange Kaa (Anna Polke) ihre Beute umgarnt und sich der Tiger Shir Khan krachend in Szene setzt - durch pantomimische Glanzleistungen, unterstützt durch eingespieltes Knurren und Fauchen, vergisst der Zuschauer, dass Schauspieler in den Tier-Kostümen stecken. Was die Akteure hier liefern ist Hochleistungssport.

Nora Decker spielt Mogli so kindlich perfekt, dass selbst erwachsene Zuschauer kaum glauben können, dass sie eine Schauspielerin und kein Junge ist. Publikumsliebling ist Balu (Andreas Köhler), der gemütliche Bär, der ständig betont, dass er nicht dick ist, was angesichts seines massigen Körpers immer wieder als Gack funktioniert. Ja, es wird oft und herzlich gelacht in dieser Aufführung. Wenn zum Beispiel Baghira Balu „Dschungelkomiker“ nennt und Balu mit „Lakritzkatze“ kontert. Und warum lässt Balu es zu, dass Mogli Essbares von den Menschen stiehlt, obwohl er weiß, dass das zu gefährlich ist? Weil der Bär nicht durch das kleine Dachfenster hindurch gepasst hätte. Logisch.

Nach der Aufführung sagt Oliver (10), dass er seiner Lehrerin vorschlagen will, mit der Klasse ins Dschungelbuch zu gehen. Seine Mutter fragt sich, warum sie so lange nicht mehr im Theater gewesen ist. Gibt’s eine bessere Bestätigung für ein Familienstück? Dieses „Dschungelbuch“ ist tolle Unterhaltung für Kinder und Erwachsene, obwohl oder - wie manche Zuschauer finden - gerade weil es auf den Großstadt-Dächern spielt.