Der Fall berührt und erbost auch erfahrene Mediziner: Ein 50-jähriger Mann verstarb in dieser Woche auf der belebten Hansastraße fünf Meter vom Bahnhofsparkplatz entfernt an einem Herzinfarkt, weil es keine schnelle Hilfe gab. Bis auf einen Lkw-Fahrer gingen alle Passanten vorbei, Autofahrer fuhren schnell weiter.

Dr. Roland Issel, Leiter der Intensivstation der Helios-Klinik, ist selbst zehn Jahre lang als Notarzt im Einsatz gewesen. „Wenn ich dann am Unfallort eingetroffen bin, standen alle Leute paralysiert herum und haben nichts getan.“

Dabei beschuldigt Issel noch nicht einmal die Bürger selbst, die bei einem am Boden liegenden Mannes achtlos vorbeiziehen. „Die Menschen werden alleine gelassen. Jetzt schimpfen wieder alle auf die Leute, dabei tut keiner, vor allem kein Politiker, etwas dafür, dass sich die Lage verbessert.“

So fehlten den Menschen die Voraussetzungen: „Es gibt in Oberhausen keinen öffentlich zugänglichen Automatischer Externen Defibrillator, einem sogenannten AED.“

Dabei erlitten jährlich etwa 500 Menschen in Oberhausen einen plötzlichen Herzinfarkt - und danach komme es auf die ersten drei Minuten an. Mit einem Defibrillator gebe es eine gute Chance, das Herz mit Elektroschocks wieder in Bewegung zu bringen. Beginne die Wiederbelebung später, seien Gehirnschäden oder der Tod die Folge.

Er selbst habe im Rahmen der seit einem halben Jahr existierenden Initiative „Tu Was“ bisher vergeblich dafür geworben, dass etwa im Hauptbahnhof und im Centro flächendeckend sichtbare Defibrillatoren hängen.

In den USA dagegen seien die 500 bis 1500 Euro teuren Geräte im öffentlichen Raum selbstverständlich. „Hier verlässt man sich zu sehr auf den Notarzt, in den USA packt man selbst an, denn man weiß angesichts der weiten Entfernungen dort: Sonst hat der Betroffene keine Chance mehr.“

Der Intensivmediziner rät allen Bürgern, in so einer Situation mit einem leblos auf den Boden liegenden Menschen, sofort zu handeln. „Wenn man was tut, kann man im Grunde nichts falsch machen. Wenn man nicht handelt - das ist der größte Fehler.“ Ohne Defibrillator sollte man sofort sehr kräftig mitten auf dem Brustkorb, unterhalb des Brustbeins, drücken. Dadurch bewegt sich das Blut, das dann noch für ein paar Minuten ausreichend Sauerstoff zum Hirn bringen könne.

Issel hält im ersten Schritt zur Ausstattung der stark belebten Zonen in Oberhausen den Kauf von 40 bis 50 Automatischen Externen Defibrillatoren (AED) für ausreichend. Jeder Laie könne damit schnell umgehen.

Zudem gebe es Kurse und Vorträge in den Krankenhäusern, wie auch in der Helios-Klinik, damit man mal solche Geräte austesten kann.

In Oberhausen scheint die Ausstattung mit AED besonders wichtig zu sein, weil hier viele Bürger unter koronarer Herzkrankheit leiden: Allein die örtliche AOK zählt bei sich 1500 solcher Patienten.

Weitere Infos zu Vorträgen und Möglichkeiten, Defibrillatoren aufzuhängen: Dr. Roland Issel, 0208 - 8508 6030.