Doris von Prondzinsky-Lange ist seit 30 Jahren als ehrenamtliche Schiedsfrau tätig. Streit unter Nachbarn oder aus dem leichten Gewerbe – die Bandbreite der Fälle ist groß.
Doris von Prondzinsky-Lange war gerade mal 39 Jahre alt, da flatterte der frisch gebackenen Schiedsfrau der erste Fall auf den Schreibtisch. Zwei junge Damen „des leichten Gewerbes” hatten Ärger mit einem Herrn. Es kam zu einer leichten Körperverletzung, die Frauen bekamen dabei blaue Flecken.
Im Gespräch mit der Schiedsfrau schlossen beide Parteien schließlich einen Vergleich. Die Frauen erhielten den Verdienstausfall ersetzt sowie einen Entschuldigungs-Obulus – und Doris von Prondzinsky-Lange machte hinter ihren ersten Fall einen grünen Haken.
30 Jahre sind seitdem vergangen, grüne Haken macht die Rentnerin noch heute – und das leidenschaftlich gern. 20 Fälle im Zuständigkeitsgebiet Alstaden/Lirich pro Jahr bearbeitet sie im Durchschnitt, die Erfolgsquote liegt bei guten 50 Prozent.
„Die Leute sind doch froh, wenn sie Angelegenheiten ohne Gericht klären können”, erklärt die Oberhausenerin. Angefangen vom urtypischen Nachbarschaftsstreit über Postklau bis hin zur Beleidigung, der Verleumdung sowie der leichten Körperverletzung gibt es kaum einen Fall, in dem Doris von Prondzinsky-Lange noch nicht vermittelt hat.
„Ich hatte mal Nachbarn am Tisch, die sich wegen eines Gartenzaunes stritten. Der eine fand den Zaun schön, der andere nicht. Ich habe ihnen geraten, gemeinsam einen Zaun zu suchen, der beiden gefällt. Es hat geklappt”, erzählt die 70-Jährige und lacht.
Doch es sind nicht nur schöne Erinnerungen, die sie an ihre schon 30-jährige ehrenamtliche Tätigkeit hat. „Ein Mann ist während einer Verhandlung verstorben. Der Notarzt hat noch alles versucht, doch der schwer herzkranke Mann verstarb in meiner Wohnung. Ich konnte den Raum lange nicht betreten”, erinnert sie sich ungern an schon gut 15 Jahre zurückliegenden Fall.
Die Verhandlungen finden generell in der Wohnung der Schiedsfrau statt. „Das ist wichtig”, sagt sie. Es sei doch eine wesentlich entspanntere Situation als im Gerichtssaal. Juristische Kenntnisse seien für die Tätigkeit einer Schiedsfrau nicht erforderlich. „Es werden Lehrgänge angeboten, zudem gibt es gute Literatur.”
Es sei eben die Erfahrung, die wie so häufig, durch nichts zu ersetzen ist. Schließlich wird man nicht als Schiedsfrau oder Schiedsmann geboren, sondern gewählt. Doris von Prondzinsky-Lange kam ans Ehrenamt, weil sie sich als Schulpflegschaftsvorsitzende der Rheinischen Landesschule für Gehörlose in Essen, die ihre Zwillinge Mark und Dirk besuchten, für das Wohl der Kinder stark machte. Sie nahm Kontakt zum damaligen Landtagsabgeordneten Hans Wagner auf, der sie wegen ihres Sinns für Gerechtigkeit als Schiedsfrau vorschlug.
Hauptberuflich war sie bis 2004 als Sekretärin in der Ludwig-Galerie beschäftigt und ist dort seit drei Jahren wieder auf Honorarbasis tätig. „Ich kann nicht ohne”, sagt sie. Ebenso wenig wie ohne ihren Pudel Paul, mit dem sie bei Wind und Wetter spazieren geht. Zu einem Schiedsmann musste sie wegen ihres Pudels noch nicht. „Der will doch nur spielen”, sagt die 70-Jährige und lacht. Ein ebenso beliebter Satz von Hundebesitzern – wie Fall für die Schiedsleute.