Haben die Düsseldorfer Verwaltungsrichter im Juni 2009 in ihrem Urteil (Az: 17 K 1141/09), das die Oberhausener Müllgebühren-Berechnung seit 2006 für nichtig erklärte, nur über die Art und Weise der Kalkulation der Verbrennungskosten im Müllofen GMVA geurteilt und diese falsch eingestuft? Haben die Richter also keine Aussage darüber gefällt, ob die Müllgebühren zu hoch oder zu niedrig sind?
Oder aber geht aus dem Urteil eindeutig hervor, dass Oberhausener Bürger seit 2006 viel zu hohe Müllgebühren bezahlen müssen, weil die Verbrennungskosten der GMVA überhöht veranschlagt worden sind?
Während sich über diese Fragen Stadtspitze, SPD- und Grünen-Fraktion sowie die Geschäftsführung der Müllverbrennungsanlage GMVA auf der einen Seite („Kein Urteil zur Höhe“) und die CDU-/FDP-Opposition auf der anderen Seite („Das Urteil prangert zu hohe Müllgebühren an“) noch streiten, ist für den Bund der Steuerzahler alles klar.
„Für uns ist das eindeutig. Die Richter haben die Verbrennungskosten der GMVA als zu hoch kalkuliert angeprangert - und damit waren auch die Müllgebühren der Oberhausener zu hoch“, sagt Hartmut Schledorn, Gebührenexperte des Bundes der Steuerzahler.
Wer das 28-seitige Urteil liest, findet tatsächlich mehrere Anhaltspunkte, dass die Verwaltungsrichterinnen Bach, Klein und Schumann nicht nur die Kostenkalkulation der GMVA für die Bürger in der Luft zerrissen haben, sondern diese auch als zu hoch bewertet haben.
1. „Die Gebührensätze für die Abfallbeseitigung sind unwirksam. Sie verstoßen gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 Satz 3 KAG NRW. Nach dieser Vorschrift soll das Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung nicht überschreiten.“
2. „Der Gebührenbedarfsberechnung für die Abfallbeseitigung liegt im Hinblick auf die in der Position Entsorgungskosten enthaltenen Leistungsentgelte der GMVA in Höhe von rund 14 Millionen Euro ein unzulässiger Kostenansatz zugrunde, der die Fehlertoleranzgrenze von 3 Prozent erheblich überschreitet und nicht durch unterbliebene oder zu niedrig bemessene andere Kostenansätze ausgeglichen wird.“
3. „Bei dem von der Stadt Oberhausen an die GMVA zu zahlenden Verbrennungsentgelt handelt es sich grundsätzlich um ansatzfähige Fremdleistungen. Es ist jedoch im Ergebnis nicht feststellbar, dass dieser Kostenansatz der Höhe nach gerechtfertigt ist.“
4. „Die Stadt darf nicht jeden Preis, den das leistende Unternehmen fordert, in die Gebührenbedarfsberechnung einstellen. Sie muss vielmehr prüfen, ob das Entgelt gerechtfertigt ist. Gebührenrechtlich ansatzfähig sind nur betriebsnotwendige Kosten“ - nach öffentlichem Preisrecht.
5. Der Verbrennungspreis pro Tonne Abfall für die Stadt Oberhausen wurde nach den Gesamtselbstkosten der GMVA berechnet. Satte 55 Prozent dieser Gesamtselbstkosten von 89 Millionen Euro (Jahr: 2001) bestehen aus „Vorhaltekosten“. Das sind Aufwendungen dafür, dass die Anlage eine Kapazität vorhält für eine erwartete Menge an Müll aus Oberhausen und Duisburg - zur Entsorgungssicherheit.
Erwartet und als Vorhaltekosten berücksichtigt wurde seit 2001 eine Menge von 325 000 Tonnen Hausmüll jährlich - kostenmäßig festgeschrieben bis 2020. Bereits der NRW-Abfallwirtschaftsplan 2004 sah aber zur Gewährleistung der Entsorgungssicherheit der Städte Oberhausen und Duisburg nur noch eine Vorhaltemenge von 282 000 Tonnen pro Jahr vor.
Tatsächlich waren also nach dem Urteil (Seite 20/21) diese Vorhaltekapazitäten für die GMVA viel zu hoch bemessen - und demnach waren auch die millionen-schweren Vorhaltekosten zu hoch. Faktisch sank die real verbrannte Müllmenge von Jahr zu Jahr stark, weil die Haushalte mehr Abfall trennten und kompostierten. „Tatsächlich sinkende Abfallmengen sind zu berücksichtigen“, schreiben die Richter eindeutig. Das hat die GMVA aber nicht getan - und die Oberhausener mussten sie bezahlen. Viel zu viel eben.
Info: An der Gemeinschafts-Müll-Verbrennungsanlage Niederrhein GmbH (GMVA) sind zu 51 Prozent die Städte Duisburg (35,82 Prozent) und Oberhausen (15,18 Prozent) beteiligt. Die anderen 49 Prozent gehören der Remondis GmbH.