Oberhausen.

Selten war das Interesse der Bevölkerung in Biefang an einer Bürgerversammlung so groß. Am Donnerstagabend drohte das Ev. Gemeindehaus an der Dienststraße mit 172 Teilnehmern aus allen Nähten zu platzen. Es ging um den Emscherumbau. Die Emscher ist seit Jahrzehnten ein beherrschendes Element im Ortsteil.

Auf Initiative der Biefanger Interessengemeinschaft (BIG) waren Vertreter der Emschergenossenschaft und der Stadt vor Ort, um über den Stand der Bauplanungen im Rahmen des Masterplans Emscher-Zukunft zu informieren. Zunächst muss der Sterkrader Hauptkanal umgebaut werden, bevor die Emscher in Angriff genommen werden kann. „Der Hauptkanal, der zurzeit westlich der A3-Anschlussstelle Holten in den auf der westlichen Seite parallel zur A3 verlaufenden Handbach geleitet wird, soll in seinem jetzigen oberirdischen Verlauf von der von-Trotha- bis zur Erlenstraße in nördliche Richtung verlegt werden - soweit es die Bebauung zulässt“, erläutert Ute Weyen (BIG).

Die Baumaßnahmen für die Entflechtung des Handbachs sollen im Herbst 2012 beginnen. Der Bauantrag für den Sterkrader Hauptkanal soll im April 2012 gestellt werden, Baubeginn könnte 2013 sein, die Dauer der Bauarbeiten ist auf zwei Jahre konzipiert, so die Emschergenossenschaft.

Die Abwässer der Emscher im Holtener Bruch werden entgegen der ursprünglichen Planung nicht bis zum Klärwerk Emschermündung in Dinslaken in der bis hier vorgesehenen Tiefe von 43 Metern geführt. Aufgrund der Bodenbeschaffenheit und des erforderlichen Gefälles innerhalb der Abwasserrohre von 1,5 Prozent sei ein Pumpwerk notwendig, in dem die Abwässer hochgepumpt und bis Dinslaken als hochliegender Abwasserkanal weitergeführt werden. Daher entfallen die bisher im Holtener Bruch geplanten drei 70 Meter hohen Abluftschornsteine sowie die geplanten drei Schächte in Biefang.

„Diese erfreuliche Entwicklung wird getrübt durch die Beeinträchtigungen, die durch die für die Errichtung des Pumpwerks notwendigen Bauarbeiten auf die Biefanger zukommen“, beklagt die BIG. Für das Pumpwerk zwischen dem Hof Klapheck, der Kurfürstenstraße und der östlichen Wohnbebauung um die Goerdelerstraße wird eine Baugrube unterirdisch ausgehoben. Das bedeutet einen Bodenaushub von 70 000 m³. Das Verfahren werde ständig von der Bezirksregierung Münster kontrolliert.

Nach Fertigstellung seien die Pumpen in der Tiefe nicht zu hören. Das Gebläse eines 20 Meter hohen zu errichtenden Schornsteins mit Biofilter werde ebenfalls kaum eine Geräuschbelästigung darstellen. Die Biofilter würden regelmäßig ausgetauscht, um auch eine Geruchsbelästigung auszuschließen.

Für die Errichtung des oberirdischen Gebäudeteils des Pumpwerks läuft ein Architektenwettbewerb „Gestaltungswerkstatt Pumpwerk Holten“. Die Entwürfe werden von einer Jury am 11. November prämiert und vorgestellt.

Der Baustellenverkehr wird von einer neuen Hauptzuwegung aus dem Holtener Bruch über Kurfürsten- und Königstraße zur A3 geführt. „Eine Beeinträchtigung der Anwohner ist nicht zu befürchten,“ sagt die Emschergenossenschaft. Das sehen die Betroffenen anders. Erfahrungen sammelten Anwohner der Rohrstraße, die seit Jahren beim Umbau der Alten Emscher den Baustellenverkehr, Lärm sowie Schäden an ihren Häusern hinnehmen mussten.

„Wenn es an die ökologische Aufbereitung des Holtener Bruchs geht, sei mit noch größeren Beeinträchtigungen zu rechnen“, befürchtet die BIG. Um den europäischen Wasserrahmenrichtlinien zu entsprechen, sollen Gewässeraue und Landwirtschaft des Bild dieser Gegend künftig bestimmen. Die als Hochwasserschutz erforderlichen Deiche werden weiträumig verlegt, die Aue erweitert. Umfassende Erdbewegungen sind dazu erforderlich - gerechnet wird mit 1,3 Mio Kubikmeter Erdaushub. Nur 300 000 m³ werden vor Ort wieder genutzt werden. Eine Million Kubikmeter müssten also zur A2/A3 nach Holten abtransportiert werden. „Das bedeutet etwa 200 Lkw arbeitstäglich über eine Bauzeit von rund drei Jahren“, rechnet die BIG.

Zudem müsste das Biefanger Wahrzeichen, der Frosch „Frobie“ samt Verkehrsverteilerring Kurfürsten-, König-, Dienststraße seinen Platz auf unbestimmte Zeit räumen. Da das Genehmigungsverfahren für den Kanalbau in 2012 stehen und bis 2017 abgewickelt werden sollen, die ökologische Umgestaltung erst bis 2027 angestrebt ist, könnten sich noch Veränderungen ergeben, so die BIG.