Oberhausen.

Ein Playstationcontroller. Auf den ersten Blick ist es das, was man auf dem weißen Plakat mit der Unterschrift „Du sollst nicht töten“ sieht. Erst auf den zweiten Blick fällt auf, dass etwas anders ist: Eine Hälfte der Konsolenbedienung ist eine Pistole. Grafiken wie diese sind das Ergebnis von Sascha Dörgers (32) Diplomarbeit zum Thema „Brauchen wir die zehn Gebote noch?“, die er bereits in mehreren deutschen Städten und in der Schweiz ausstellte. Jetzt ist der Wahl-Mülheimer ins Ruhrgebiet zurückgekehrt; seit dem 9. Oktober sind die zehn großformatigen Poster im Kirchenzentrum Neue Mitte zu sehen.

Wie dürfen wir die zehn Gebote heute verstehen? Oder: Wie müssen wir sie verstehen? Fragen, die sich anhand der Illustrationen diskutieren lassen. Da ist zum Beispiel der Ipod als Teil eines geöffneten Vorhängeschlosses. „Du sollst nicht stehlen“ heißt es hier; die Anspielung auf Musikdownloads und Datenklau ist offensichtlich.

Auch das Gebot „Du sollst deinen Vater und deine Mutter ehren“ hat der studierte Grafik-Designer geschickt umgesetzt: Das Poster schmückt eine Fusion aus Kinderwagen und Rollstuhl. Pastor Stefan Züchner (42), der die Ausstellung am Sonntag in einem ökumenischen Gottesdienst eröffnete, ist gespannt auf die Reaktionen der Besucher. Es ist das erste Mal, dass sich das Kirchenzentrum an einer populistischen Kunstform wie den Grafiken versucht. „An den Postern werden sich die Geister scheiden; das ist gut“, sagt der Pastor, der die Darstellungen als direkt und provokativ, teils als platt bezeichnet.

Die Illustration mit den betenden Händen, die sich um ein Bündel Geldscheine legen, lässt dieses Fazit zu. Geld als Gottesersatz, das leuchtet ein. Doch genau diese kritische Betrachtung ist gewollt, denn sie schafft Kommunikation. Auf diese hofft auch Stefan Züchner. Er gab in seiner Predigt Impulse, um sich mit den Weisungen aus der Bibel und Sascha Dörgers Grafiken auseinander zu setzen. Für den Pastor ist heute vor allem das vierte Gebot wichtig: „Du sollst den Feiertag heiligen“. Dabei gehe es weniger darum, am Sonntag in die Kirche zu gehen, sondern vielmehr, sich einen Moment der Ruhe zu gönnen, die Woche und das eigene Handeln zu reflektieren. „Welche Motivation habe ich im Leben? Das fragen wir uns viel zu selten. Dabei können uns die zehn Gebote neue Perspektiven aufzeigen“, so der 42-Jährige.

Grafik-Designer Sascha Dörger ist mit seiner Ausstellung seit zwei Jahren unterwegs. Ihn begeistert die Vielfältigkeit der Predigten dazu: „Es ist toll, zu erleben wie unterschiedlich die Auslegungen der zehn Gebote sind. Für mich sind das neue Impulse.“ Sein nächstes Projekt ist der Aufbau einer Internetseite, auf der sich die Kirche mit ihrer Kreativität präsentieren kann. Lieder, Texte, künstlerische Auseinandersetzungen mit den zehn Geboten sollen hier gesammelt werden.