Oberhausen. .
Eine „riesige Schweinerei“ sei das, „Zweifel am Rechtsstaat“ kommen da auf, kommentierte Werner Hols vom Aufsichtsrat der Gemeinschaftsmüllverbrennungsanlage (GMVA) Niederrhein die richterliche Anordnung, dass die Müllgebühren für Oberhausen neu kalkuliert werden mussten.
Rund 50 Prozent dieser Gebühren berechnen sich aus den Verbrennungskosten der GMVA; um diese transparent zu machen, lud die Geschäftsführung am späten Freitagnachmittag zum Gespräch.
Die Richter hätten eine vertragliche Vereinbarung nichtig erklärt, die 2001 zwischen Oberhausen, Duisburg und Remondis getroffen und von den Räten der Städte abgenickt worden war, sagt Hols. Damals hatte Remondis, das größte deutsche Unternehmen in der Abfallwirtschaft, 49 Prozent der Anteile an der GMVA aufgekauft und sich für die kommenden 20 Jahre gesichert, wie viel die GMVA den Kommunen für ihren Müll berechnen kann.
Die GMVA stand 2001 vor der Pleite, Investitionen aus den Vorjahren in Höhe von rund 130 Millionen Euro, die die beiden Gesellschafter, die Städte Duisburg und Oberhausen, gemacht haben, ließen sich nicht refinanzieren. Die GMVA war deshalb mit 358,8 Millionen Euro im Minus.
Um sicherzustellen, dass die Schulden auch abgebaut werden und um somit das Investitionsrisiko möglichst gering zu halten, legte Remondis (mit dem Segen der Städte) bis 2020 die Entgelte für den kommunalen Müll fest - unabhängig von der künftigen Geschäftsentwicklung.
Gegen diese langfristige Kalkulation war seit 2006 mehrfach geklagt worden, auch deshalb ließ die GMVA 2008 neue Gebühren kalkulieren: Bei der so genannten LSP-Kalkulation, die bei allen öffentlichen Auftragnehmern vorgeschrieben ist, werden die maximal zulässigen Preise berechnet. Anders als bei privaten Auftragnehmer wird auch der kalkulatorische Gewinn eines Unternehmens einbezogen.
Und Gewinne hat die GMVA schneller eingefahren als gedacht: 2007 hat sie ihren Anteilseigentümer bereits 65 Millionen Euro ausschütten können. Gewinne habe man aber nur deshalb gemacht, sagt Aufsichtsratsmitglied Hols, weil Remondis zusätzlich zum kommunalen Müll auch Abfall aus dem Aus- und Umland heranschaffte.
Denn die 425 000 jährlichen Tonnen Müll aus Oberhausen, Duisburg und dem Kreis Kleve lasten die Anlage nur zu drei Vierteln aus. Wird zudem weniger verbrannt, werden die Beträge verrechnet, nur die fixen Anteile etwa an den Zinsen bleiben unverändert: Von den 75 Millionen Euro, die die Anlage im Jahr kostet, gehen nach GMVA-Angaben rund 50 Prozent für Zinsen und Abschreibungen drauf.
„Diese 100 000 Tonnen zusätzlich zum kommunalen Müll machten den Unterschied“, sagt Rainer Enzweiler vom Aufsichtsrat. Bis 2007 habe die GMVA so bereits 130 Millionen Euro und damit die Schulden aus den Investitionen der 90er Jahre zurückzahlen können.
Das Oberverwaltungsgericht in Münster lehnte die Neukalkulation von 2008 allerdings erneut ab, denn wieder wollte die GMVA die Preise bis 2020 bestimmen. Im September besserte die Geschäftsführung zähneknirschend nach, die neuen Preise werden nun im Fünf-Jahres-Rhythmus berechnet. Sie liegen näher am Marktpreis, der kalkulatorische Gewinn wird kurzfristiger eingerechnet. Deshalb sind die neuen Preise auch weit unter den alten: Von der NRW-Gebührenspitze ist Oberhausen ins Mittelfeld gerückt.
„Mit diesem Einschnitt wird die GMVA aber unwirtschaftlicher“, sagt Maria Guthoff, Geschäftsführerin der WBO. Gewinne aus dem zusätzlich herangeschafften Müll, ergänzt Hols vom Aufsichtsrat, würden nun genutzt, um die fehlenden kommunalen Gebühren aufzufangen.
Die Nachkalkulation der Jahre 2006 bis 2009 werde es nicht geben, so Guthoff. Eine Nachberechnung sei zu teuer, zudem hätten die 2001 vertraglich vereinbarten Verbrennungsentgelte bereits unter dem Preis gelegen, den die GMVA laut ihrer Kalkulation von 2008 maximal hätte verlangen können. „Selbst wenn zu viel bezahlt wurde, dürfen wir nichts zurückgeben“, sagt Finanzdezernent Apostolos Tsalastras. Düsseldorf habe seine Anfrage kürzlich negativ beantwortet.