Oberhausen. .

Die Hand des Mentoren, wie lange bleibt sie im eigenen Schaffen zu entdecken? Es ist eine herausfordernde Frage, auch eine beängstigende, der sich drei ehemalige Schüler des renommierten britischen Bildhauers Prof. Tony Cragg hier stellen: Bei dem am Sonntag eröffneten zweiten Zyklus der Ausstellungsreihe „Kunstsommer“ begegnen sich seine Meisterschüler der Jahre 1991, 1998 und 2009. „Was uns verbindet“, sagt Herbert Willems, „ist der Unterschied“.

Der Kunstsommer hat sich aus Schau der jungen Avantgarde bewiesen: In der Kranhalle an der Mühlenstraße in Dümpten stellen Schüler bekannter Hochschulen aus. „Diesmal geht es um etablierte Künstler und die Suche nach ihren Einflüssen“, sagt Ortwin Goertz, Vorsitzender des ausrichtenden Kunstvereins.

Wer danach in Herbert Willems Werken sucht, verliert sich in verzerrten Träumen. Willems sitzt mit dem Betrachter in einer Lichtung, vor einer Blumenwiese, schraffiert seinen Blick aber mit dicken Pinselstrichen: Er porträtiert Landschaften, nimmt seine Bilder zur Vorlage für Skulpturen aus Holz und Draht. So schaut man auf sein Werk wie aufs Negativ eines Fotos, verkehrt und vertraut. „Man ist jetzt da und doch nur gewesen“, sagt der 45-Jährige.

Ebenfalls florale Elemente finden sich in der Kunst von Matthias Lanfer. „Ich mische sie mit technischen Elementen“, sagt der 50-Jährige. Lanfer hat 1991 seinen Abschluss in Düsseldorf gemacht, ist heute Dozent für Gestaltungslehre. Ein spiralenartiges Drahtgeflecht hat er mitgebracht. 200-mal hat er es in grünen Kunststoff getaucht, im Trocknen jede Schicht seine Skulptur verändern lassen. Kleine Farbnasen strecken sich so dem Betrachter entgegen, winden sich um die hohle Liane – bedrohlich und faszinierend.

Reduzierter sind die Arbeiten der Kosovarin Leunoria Salihu. Klar sind die Linien, mit denen Salihu die Welt spiegelt: Das mannshohe, langgezogene Sechseck gleicht einem sich im Wasser reflektierenden Haus. Mit Gips hat sie es überzogen, daneben kopiert als hohles Drahtgeflecht. So blickt man zeitgleich durch einen offenen Drahttunnel und auf eine geschlossene Wand. Leunoria Salihu verlangt: „Der Betrachter muss wählen, zwischen Fläche und Raum, zwischen Körper und Reihe.“

Eine kaum inszenierte, nur dargebotene Mischung ist dieser zweite Zyklus des Kunstsommers. „Die Kranhalle als kleiner Raum macht diese Ausstellung groß“, sagt Lanfer. „Sie verdichtet unsere Kunst.“ Auch den Meister? „Tony Cragg ist ein vielfältiger Künstler“, sagt Willems, Assistenz des Meisters. „Seine Schüler sind da nicht anders.“