Oberhausen. .
Die Geräuschkulisse klingt seltsam - seltsam diffus. Hinter Absperrgittern und dünnen Sichtschutzwänden kurz hinter dem Eingang des Olga-Parks wuseln mehrere Beamte des Rauschgiftkommissariates umher. Papierblöcke sind in ihren Händen, die Handschellen klappern an der Hosen. Von diesem hektischen Treiben bekommen die Menschen in der Warteschlange vor dem Park nichts mit - noch nicht.
Regen prasselt auf Plastikplanen. Sonst ist es still. Kaum Geräusche dringen aus der Zeltstadt neben dem Haupteingang nach Außen. Aus der Ferne überspült immer wieder eine wabernde Klangsoße die Szenerie. Heute ist einer dieser Tage im Juni, an denen die Osterfelder Park-Anlage nicht stillhält. Es ist „Ruhr in Love“ und 41 000 Anhänger der elektronischen Musik werden im Grünen erwartet.
Für das Kriminalkommissariat 12 und seinen Leiter Michael Mende bedeutet der Massenansturm der tanzwütigen Szenegänger einen Großkampftag. Die Beamten sind dabei im Akkord Festivalbesucher nach dem Betreten des Geländes zur Drogenkontrolle zu bitten. Stichproben sind es. Zu den populärsten Zeiten der Techno-Bewegung machten vor allem Designer-Drogen wie Extasy negative Schlagzeilen. Zwar sind genau diese Drogen bei den Konsumenten rückläufig, doch die Erfolge der Fahnder aus den vergangenen Jahren zeigen: Die Drogenproblematik ist freilich nicht verschwunden.
Lange müssen die Beamten in Zivil am Eingangsbereich nicht warten: Auffällige Verhaltensmuster wie Aufgedrehtheit oder Aggressivität - ansonsten Bauchgefühl. Bei den Stichproben der Besucher landen Mende und seine Kollegen schnell Treffer. Und die Kontrollen funktionieren meistens so: Die Personen werden von zwei Zivilbeamten in die Zeltstadt gebeten, dort stehen abgetrennte Kabinen bereit, wo sie auf verbotene Präparate untersucht werden - notfalls bis auf die Unterhose. Wird etwas gefunden, geht es ein Zelt weiter - bei kleineren Mengen zum Eigenbedarf zur Aufnahme der Personalien. Erst bei großen Dealern klicken die Handschellen.
„Normalerweise sind die Kontrollen bei Ruhr in Love relativ entspannt“, sagt Michael Mende. Doch diesmal ist die Stimmung anders. Keine Spur von Sommer-Party, der Regen lässt einige Besucher wie begossene Pudel auf das Gelände trotten. „Die Stimmung ist zunehmend aggressiv. Außerdem sind viele stark alkoholisiert“, sagt Mende. Das erleichtert die Arbeit nicht. Am Eingang der Kontrollzelte werden einer aufgebrachten Raverin gerade Handfesseln angelegt. Ihre Knie sind matschig, sie wehrt sich, hört den beruhigenden Worten der Polizistinnen nicht zu, versucht sich mit Fußtritten zu befreien - vergebens. Denn: Verweigern können sich die Personen der Kontrolle nicht. Mende: „Dann werden manche Festivalbesucher schon mal ruppiger!“ Seine Kollegen haben mächtig zu tun.
Wer wird erwischt? „Oft sind es kleine Fische“, sagt Michael Mende. Personen, die etwa auch mit Marihuana erwischt werden. Aber synthetische Drogen sind in Kreisen elektronischer Musik-Fans immer noch am populärsten. Pillen, die Kraft für eine durchgetanzte Nacht ohne Erschöpfung bieten sollen - mit allen bekannten Risiken und Nebenwirkungen.
Wer aufgegriffen wird, für den entscheidet sich seine Strafe erst noch: Denn der Besitz von kleineren Mengen zum Eigenbedarf führt zwar zur Anzeige, nicht aber zwangläufig zur Anklage. Das ist abhängig von Art und Menge der illegalen Präparate. Anders sieht es da bei Dealern aus. Auch sie werden bei „Ruhr in Love“ zum Ziel der Fahnder - meistens vor oder rund um den Eingang. „Selten“, so Mende, „stammen die Dealer dann aus Oberhausen. Die reisen speziell für die Festivals an.“
Für Mende und Kollegen ruft wieder die Arbeit. Schon wieder poltert ein Besucher widerborstig am Eingang des Kontrollzeltes - es soll heute nicht der letzte bleiben.