Oberhausen. .

Um Viertel nach Elf ist der Rundgang schon vorbei: „Da kommt gleich ein Notfall rein, wir müssen hier zumachen“, sagt Prof. Georg Horstick. Freundlich, aber bestimmt schiebt der Chefarzt der Kardiologie und Angiologie die kleine Besuchergruppe aus dem neuen Diagnostik-Zentrum des Evangelischen Krankenhauses Oberhausen (EKO).

2,6 Millionen Euro hat das EKO in dieses neue Zentrum investiert – eines der Vorzeigeobjekte, mit denen die Klinik nicht nur bei Tagen der offenen Tür wie am Samstag punkten will.

Denn der Wettbewerb zwischen den sechs Krankenhäusern in dieser Stadt ist hart. In der schrumpfenden Stadt Oberhausen gebe es zu viele Klinikbetten für zu wenige Patienten, die sich zudem oft auch noch lieber in anderen Städten behandeln lassen als direkt vor Ort, sagen Experten aus der Gesundheitsbranche. Die Kliniken buhlten deshalb um ihre Patienten, investieren Millionen in Anbauten, modernste Gerätschaften und Operationssäle – nicht selten als Reaktion auf den Ausbau in anderen Krankenhäusern.

Patienten fühlen sich meist emotional mit „ihren“ Krankenhäusern verbunden - unabhängig von der dortigen Kompetenz. „Mein Sohn ist hier geboren worden, wenn ich ins Krankenhaus muss, frage ich nach dem EKO“, sagt eine 35-jährige Alstadenerin, die das EKO am Samstag besuchte.

Mit ähnlich gestrickten Investitionen besteht jedoch die Gefahr, dass jedes Krankenhaus in allem gleich gut wird. „Und damit schneiden sich die Kliniken ins eigene Fleisch“, sagt ein örtlicher Kenner der Branche. „Statt gegeneinander zu arbeiten und alle Fachbereiche gleichstark auszubauen, sollten sich die Krankenhäuser auf einen Fachbereich spezialisieren und in den anderen mit den übrigen Kliniken vor Ort eng zusammenarbeiten.“ Überzählige Betten müssten eigentlich abgebaut werden, doch dafür fehle der Mut. So dauert der Konkurrenzkampf an, wird immer härter: Am Ende kann dies sogar das Aus für ein ganzes Krankenhaus bedeuten, weil es nicht mehr mithalten kann.

Auch EKO-Chefarzt Horstick hält den Ausbau der Zusammenarbeit mit den anderen Häusern für dringend nötig, damit „Oberhausener auch in Oberhausen behandelt werden können“. Das gelte auch für seinen Fachbereich, in dem sich das EKO nach der starken Kritik im vergangenen Jahr nun mit besonderer Expertise durchsetzen will: Denn im NRW-Vergleich hatte Oberhausen lange Zeit eine der höchsten Sterbeziffern bei Herzinfarkten. „Die Strukturen waren nicht ausreichend gegeben. Wenn jemand akute Brustschmerzen hat, muss er zügig untersucht und therapiert werden“, sagt Horstick.

Offenes Geheimnis

Um das zu ermöglichen, hat er das erste „Chest-Pain-Unit“ (CPU) Oberhausens eingerichtet. Patienten mit Brustschmerzen (englisch „chest pain“) kommen seitdem nicht mehr in die reguläre Ambulanz, sondern direkt zum CPU, wo sie schneller und effizienter diagnostiziert und versorgt werden sollen.

Die Fachleute wissen genau, dass sich das EKO nur mit solchen herausragenden Merkmalen im Wettbewerb behaupten kann. Zugleich ist es notwendig, sich enger mit den übrigen Krankenhäusern in Oberhausen zu vernetzen. Dafür muss aber erst einmal das Vertrauen untereinander wieder hergestellt werden, denn es ist ein offenes Geheimnis in Oberhausen, dass sich die Kliniken bisher kaum gegenseitig einen Vorteil gönnen.

Bis Anfang des Jahres hatte das EKO auch noch mit einem schlechter werdenden Ruf zu kämpfen. Bis September 2010 war es unter dem massiven Sparkurs von Volker Feldkamp geführt worden, der das Haus zwar vor der Insolvenz bewahrte. Doch weil so die Patientenversorgung litt, haben niedergelassene Ärzte mit Boykott gedroht; Mediziner verließen das Haus, vor allem an der kardiologischen Klinik unter der damaligen Chefärztin wurde starke Kritik laut.

Seit Marcus Polle die Geschäfte des EKO übernommen hat, hört man in der Stadt Lob von vielen Seiten. Auch die niedergelassenen Kardiologen arbeiten nach Aussage von Horstick wieder eng mit dem Krankenhaus zusammen.