Oberhausen.. „Falschgeldalarm in der Schule - Detektivbüro Lasse Maja ermittelt“ heißt das Buch, das Wolfgang Röer den Zweitklässlern der Ruhrschule in der Sparda-Bank vorgelesen hat - nur eine Aktion von vielen beim fünften Oberhausener Lesetag.
Wolfgang Röer sitzt vor seinem Tresor. Der Filialleiter der Sparda-Bank rätselt: Wer hat bloß die Blüten in Umlauf gebracht? War es Mary, die Krankenschwester? Oder doch Klaas, der Vertretungslehrer? „Es war bestimmt der Polizist“, wollen ihm die fast 30 Nachwuchs-Detektive helfen - und liegen prompt falsch.
Schließlich stellt sich heraus, was niemand vermutet hat: Der Schuldirektor war’s. „Falschgeldalarm in der Schule - Detektivbüro Lasse Maja ermittelt“ heißt das Buch, das Wolfgang Röer den Zweitklässlern der Ruhrschule in seiner Bank vorgelesen hat - nur eine Aktion von vielen beim fünften Oberhausener Lesetag am gestrigen Dienstag.
Eine Alternative
„Das Bert-Brecht-Haus fällt ja in diesem Jahr als Veranstaltungsort aus“, erklärt Susanne Daberkow die Wahl für den eher ungewöhnlichen Leseort vor dem Banktresor. „Wir haben uns in der Nachbarschaft umgesehen, welche Alternativen es so gibt“, erinnert sich die Leiterin der Kinder- und Jugendbibliothek. „Der Ort ist bei einer Lesung mit das Wichtigste. Er soll die Kinder sofort begeistern“, sagt sie. Und begeistert waren die Zweitklässler, vor allem, als herauskam, wer den Schulkopierer zum Drucken der falschen Scheine missbraucht hat: „Hammer, der Rektor war’s. Echt jetzt?“, bekam Pierre den Mund vor Fassungslosigkeit gar nicht mehr zu.
Auf 233 (Vor-)Lese-Aktionen habe es der diesjährige Lesetag gebracht, bestätigt Mit-Organisatorin Sabine Lauterbach von der Stadtbücherei. Vorgelesen wurde in Kindergärten und Schulen, in sozialen Einrichtungen, Kirchen und Moscheen, im Polizeipräsidium, in der Kneipe und im Theater. Hans-Dietrich Kluge-Jindra, kommissarischer Leiter der Stadtbücherei, freut die hohe Zahl. Den ganzen Tag war er unterwegs, hat kleine Piraten im Kindergarten besucht, in einem Supermarkt Nützliches über gesunde Ernährung erfahren und im Gasometer Jürgen Hinnighofen gelauscht, der in den Wurzeln des großen Baumes gesessen und gelesen hat. „Das war atmosphärisch einfach großartig“, schwärmt Kluge-Jindra.
Lesen unter freiem Himmel
Eine eher gemütliche Atmosphäre haben sich die Fünftklässler der Gesamtschule Osterfeld gewünscht - und auch bekommen: Sie lasen unter freiem Himmel, sind mit der kompletten Stufe in den benachbarten Revierpark Vonderort gezogen. Auf Decken gefläzt, die Chips-Tüte griffbereit, lagen die Elf- bis Zwölfjährigen in der Sonne und lasen „Mutgeschichten“. Andere setzten sich in einen Kreis und trugen einander Gedichte oder Liedtexte vor. Wie Alina, die zwar etwas nervös, aber dann doch gekonnt den „Gesang vom Aufruhr der Marienkäfer“ vortrug.
Oliver las lieber für sich, und zwar die Geschichte „Wie Timmy zum Hund kam“. Die Geschichte gefalle ihm deshalb am besten, weil seine Oma selber einen Hund hatte, “den hab’ ich gemocht“.
Auch Lesemuffel ließen sich anstecken
Lesen mag er dagegen eigentlich nicht so sehr, gesteht der Fünftklässler, „aber hier im Park, im Sonnenschein und mit meinen Freunden ist das was anderes“, grinst er. Denn eigentlich ist Lesen ja „gar nicht mal so unspannend“, sagt Oliver, schnappt sich seine „Mutgeschichten“ und haut sich neben seinem Kumpel Danny Dean in die Sonne.
Einen ganz anderen Zugang zum Lesetag haben die Neuntklässler der Gesamtschule Alt-Oberhausen gefunden: Anstatt zu lesen, haben sie der Literatur gleich auch noch Leben eingehaucht und Bram Stokers Dracula auf die Theaterbühne gebracht, in ihrer Interpretation „The Dracula Room“.
Drei Monate für Theaterstück geprobt
„Momentan sind ja eh alle auf dem Vampir-Trip“, sagt Ingo Mersmann. Der stellvertretende Schulpflegschaftsvorsitzende hat die Aufführung mitorganisiert und ist vom Resultat begeistert: „Drei Monate haben die 14- bis 15-Jährigen an dem Stück geprobt“, lobt er das Engagement der Theatertruppe. Sogar Extraschichten haben sie geschoben und in den Osterferien fleißig weiter geprobt. Als Lohn für ihre Mühen gab’s den verdienten Applaus von rund 170 Schülern und Lehrern.
Geübt haben auch die Schüler der AWO-Ausbildungsklassen, die gestern Nachmittag im Bürgerzentrum Alte Heid lasen. Unter dem Motto „Demenz aus Sicht der Betroffenen“ stand im Knappenviertel ein ernstes Thema auf dem Programm.
Berührende Aspekte der Demenz näher bringen
Obwohl: „Das Thema ist zwar ernst“, sagt Organisatorin Barbara Rudolph, „aber wir wollen nicht nur die traurigen Seiten zeigen, sondern den Leuten die lustigen und berührenden Aspekte näherbringen. Fünf Auszubildende zum Altenpfleger lasen Texte aus den Büchern „Der alte König in seinem Exil“ und „Das Herz wird nicht dement“. Ein weiterer Schüler kümmerte sich um die passende Musikuntermalung.
Während ihrer Ausbildung kämen die Schüler oft mit an Demenz erkrankten Menschen in Berührung, erzählt der AWO-Kursleiter André Heinz, „sie wissen also, wovon sie da lesen.“ Sowieso werde das Thema Demenz immer wichtiger in der heutigen Gesellschaft, sagt Barbara Rudolph: „Die Anzahl der erkrankten in den Pflegeheimen steigt stetig“, weiß sie.
Genau deshalb sei es so wichtig, auf das Thema aufmerksam zu machen. Der Lesetag, so André Heinz, sei eine Gelegenheit gewesen, ein breites Publikum zu erreichen. Persönlich eingeladen waren etwa pflegende Angehörige, die bei der AWO Kurse besuchen, „ansonsten: wir freuen uns über jeden Zuhörer“.