Oberhausen. In vielen Haushalten reicht das Geld schon zur Mitte des Monats nicht mal mehr für Lebensmittel. Oft ist dann die “Tafel“ an der Buschhausener Straße Anlaufstelle für bedürftige Oberhausener. Von Jahr zu Jahr wird sie von mehr Menschen beansprucht.

Diesen Montag waren es rund 120 Menschen, die im Innenhof der Tafelkirche an der Buschhausener Straße ein Nümmerchen zogen, um dann geduldig darauf zu warten, bis sie bei der Lebensmittelzuteilung an der Reihe waren. Nächste Woche werden es mehr sein.

„Nach dem 20. jeden Monats werden es immer mehr. Dann sind die Haushaltskassen leer“, weiß Josef Stemper vom Vorstand der Oberhausener Tafel. Rund 700 bis 800 Menschen kommen Woche für Woche zu den Verteilstellen der Oberhausener Tafel. Bezieht man die Familien im Hintergrund mit ein, werden wohl rund 1200 bis 1500 Oberhausener mit gespendeten Lebensmitteln versorgt. Mit der Rolle von Tafeln, Suppenküchen und Co. befasst sich eine jetzt veröffentlichte Studie, die die Caritas NRW bei der Forschungsgruppe „Tafelmonitor“ in Auftrag gegeben hat.

Verantwortung darf nicht verschoben werden

Eine zentrale Aussage: Existenzsicherung sei Aufgabe des Sozialstaates und dürfe nicht auf die Armenfürsorge der Wohlfahrtsverbände und der Gesellschaft verschoben werden. „Akute Hilfsangebote wie Suppenküchen, Möbel- und Kleiderkammern, Tafeln et cetera können und dürfen nicht auf Dauer angelegt sein“, sagt Andreas Meiwes, Caritasdirektor fürs Bistum Essen.

„Da kann ich zu allem nur Ja sagen. Aber solange es nun mal so ist, wie es ist, machen wir die praktische Arbeit – ohne zu fragen“, sagt Josef Stemper. „Wir kriegen oft zu hören: ,Ihr unterstützt die asoziale Politik.’ Dazu kann ich nur sagen: Wie immer ist an allem ein bisschen Wahrheit. Es sind aber auch Sprechblasen dabei, die den Menschen in ihrer akuten Bedürftigkeit nicht weiterhelfen.“

Lebensmittel einsammeln und weitergeben

Bei alledem dürfe man auch nicht vergessen, was der Ausgangspunkt für die mittlerweile zehn Jahre währende Arbeit der Oberhausener Tafel gewesen sei: „Wir sind angetreten, um noch brauchbare Lebensmittel einzusammeln und zu verteilen – Lebensmittel, die sonst weggeworfen würden. Das tun wir immer noch und haben Gott sei Dank viele Geschäfte, die uns dabei unterstützen, so dass unsere 90 Ehrenamtlichen immer was zu verteilen haben. Das geben wir gerne weiter.“

Natürlich sei vorrangig der Staat für die Existenzsicherung seiner Bürger zuständig, sagt Josef Stemper von der Tafel. Die Lebenswirklichkeit vieler Menschen erfordere aber mehr als das, was sie aus dieser Richtung zur Sicherung ihrer Existenz bekommen. Über Grundsicherung oder Hartz IV werde das abgedeckt, was als momentaner Bedarf errechnet wurde: „Aber viele sind durch längere Arbeitslosigkeit in Schulden gerutscht – und die wollen zurückgezahlt sein. Da lassen die Banken nicht locker.“ Dann entstehe ruckzuck eine Lücke im Budget. „Deshalb beobachten wir zunehmend viele jüngere Leute unter unseren Besuchern. Was sie dadurch an Lebensmittelkosten sparen, können sie für Mietschulden oder ähnliches einsetzen.“

Der bittere Weg zur Tafel

Und wenn unter den 700 oder 800 schon mal welche seien, die nach den Buchstaben des Gesetzes nicht als bedürftig gelten würden – sei’s drum: „Wer kommt, der bekommt. Man darf nicht vergessen, dass es für die meisten eine ziemliche Überwindung ist, den bitteren Weg zur Tafel zu gehen und dort zwischen 120 fremden Menschen auf Lebensmittel zu warten. Das macht man nicht mal so zum Spaß.“

Von den Anfängen, als zunächst 80 bis 100 Menschen zur Lebensmittelausgabe kamen, hat sich die Zahl der Tafelbesucher ungefähr verachtfacht: Nach drei bis vier Jahren waren’s etwa 400 Personen pro Woche, nach acht Jahren im Schnitt 600 bis 700, jetzt 700 bis 800. „Die Entwicklung geht stetig nach oben“, sagt Stemper. Und: „Ich wäre auch froh, wenn die Einrichtung überflüssig würde, aber ein Ende ist nicht abzusehen.“ Im September ist zehnjähriges Bestehen.